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Atomkraft? Nein danke! - diesen Spruch haben wir nun lange genug gehört. Seit mehr als einem Vierteljahrhundert werden in grellsten Farben Horrorszenarien ausgemalt, wird uns weisgemacht, es gäbe auf dieser Erde nicht gefährlicheres und böseres als die friedliche Nutzung der Kernenergie. Selbsternannte "Experten" erschrecken uns mit ihren Visionen vom "Super-GAU", meist ohne zu merken, welchen Unsinn sie da verbreiten (GAU steht für Größter Anzunehmender Unfall - wie will man das noch steigern?).
Die Protagonisten dieses Geschäfts mit der Angst vor dem Atom haben es immerhin bis auf die Regierungsbank gebracht. Und sie haben sogar, mit breiter Unterstützung der veröffentlichten Meinung, den Ausstieg aus der Kernenergie gesetzlich verankert. In der Praxis wirkt die Stillegungseuphorie freilich recht aufgesetzt; stillgelegt werden unsere Kernkraftwerke nämlich erst dann, wenn sie ohnehin schrottreif sind. Welch ein großartiger Erfolg der Ausstiegs-Ideologen!
Praktische Bedeutung hat der Ausstiegsbeschluß insoweit, als in Deutschland bis auf weiteres keine neuen Kernkraftwerke gebaut werden können. Dies hat gravierende Folgen. In den nächsten Jahrzehnten wird sich unser Energiebedarf nur noch durch teure regenerative Träger (Wind, Sonne usw.), vermehrten Einsatz fossiler Brennstoffe (Öl, Gas, Kohle, Holz) oder Strom-Importe decken lassen, was wiederum zu politisch riskanten Abhängigkeiten führt.
Hinzu kommt, daß Deutschland seine technologische Spitzenstellung verloren hat. Jahrzehntelang konnten wir auf dem Weltmarkt die sichersten, zuverlässigsten und wirtschaftlichsten Kernkraftwerke anbieten. Damit ist längst Schluß. Wie sollen Firmen wie KWU im Ausland Produkte anbieten, die im eigenen Lande verboten werden?
Die fast schon makabre Konsequenz: Ausgerechnet die Kernkraftwerke, die als die sichersten der Welt gelten, werden abgeschaltet, und stattdessen kaufen wir bei unseren Nachbarn im Westen und Osten Strom, der zum Teil aus unsicheren Reaktoren à la Tschernobyl kommt.
Mit unserem Ausstiegsbeschluß stehen wir inzwischen weltweit ziemlich allein da. In anderen Industrieländern, zum Beispiel in USA, Großbritannien, Frankreich, in Rußland, Tschechien, Finnland, heißt heute die Devise "Atomkraft? Ja bitte"! Dort hat man längst erkannt, daß die meisten Einwände gegen die Nutzung der Kernenergie politisch und nicht wissenschaftlich motiviert sind. "Die Linken sehen Kernenergie als Stütze des Kapitalismus", schrieb kürzlich James Lovelock in der Financial Times; der Chemie-Professor aus Oxfort zählte lange Zeit zu den Vordenkern der Öko-Bewegung.
Der weltweiten Wende - weg vom Ausstieg und hin zum Bau neuer Kernkraftwerke - wird sich auch Deutschland auf Dauer nicht entziehen können. Denn ohne eine saubere, sichere und wirtschaftliche Deckung unseres Energiebedarfs würde sich die wirtschaftliche Talfahrt noch beschleunigen. Alternativen zur Nutzung der Kernspaltungsenergie sind nicht erkennbar. Auch eine mögliche Nutzung der Fusionsenergie, also der Verschmelzung von Atomkernen, liegt noch in weiter Ferne. Zur Erzeugung eines stabilen, genügend dichten und genügend heißen Plasmas (dies ist, neben fest, flüssig und gasförmig, der vierte Aggregatzustand der Materie) müssen die Physiker weitaus mehr Energie aufwenden, als bei der Kernverschmelzung herauskommt. Eine "positive" Energiebilanz der Fusion gibt es bislang nur bei der militärischen Anwendung, nämlich der Wasserstoffbombe.
Ende 2001 waren weltweit 439 Kernkraftwerke in Betrieb, drei mehr als ein Jahr zuvor. Die installierte Kapazität lag bei 375.000 Megawatt. In elf Staaten sind insgesamt 32 Anlagen mit rund 30.000 MW Leistung im Ba |
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