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Sie grinsen, sie lachen lauthals, gähnen, ziehen scheußliche Grimassen, pressen die Lippen aufeinander, sind mißmutig, verdrießlich, finster, melancholisch, wenige Male auch edelmütig oder kraftvoll. Mit sicherem Blick hat Franz Xaver Messerschmidt die (meist schlechten) Charakterzüge des Menschen eingefangen. Und wenn man genau hinschaut, entdeckt man das immer selbe Modell - kein Wunder, denn Messerschmidt hat stets sich selbst porträtiert. Vor dem Spiegel stehend hat er seine Typologie des Hässlichen entwickelt, die Modelle gestaltet, um sie anschließend für den Guß in Gips auszuführen oder in Alabaster zu schneiden. Entstanden sind keineswegs Karikaturen , sondern ernsthafte Plastiken, die einen Dialog mit dem Spiegelbild zeigen und die vielfältige Ausdrucksmöglichkeiten offenbaren, die das Gesicht als Spiegel der Seele hervorbringen kann.
Erstaunlicherweise handelt es sich hier nun keineswegs um moderne Kunst - Messerschmidt zählt vielmehr zu den herausragenden Künstlern des Barock. In seinem Frühwerk finden sich denn auch eine Büste der Kaiserin Maria Theresia und ein Bildnis Josephs II. Er lehrte an der kaiserlichen Akademie in Wien und war am Hof gern gesehen. Etwa um 1770 begann er, ausschließlich seine Charakterköpfe zu schaffen, und galt bald als Sonderling. Vorzeitig pensioniert, lebte er bis zu seinem Tod 1783 zurückgezogen in Preßburg.
In der Österreichischen Galerie Belvedere in Wien kann man noch bis zum 9. Februar dem ganzen Werk dieses Ausnahmekünstlers des Barock begegnen. Außerdem erschien im Verlag Hatje Cantz eine umfangreiche Monografie, in der nahmhafte Wissenschaftler eine Deutung vor allem seines exzentrischen Spätwerks geben (Hrsg. Michael Krapf. 312 Seiten, 205 Abb., davon 62 farbig, Leinen mit Schutzumschlag, 58 Euro). Peter van Lohuizen
Franz Xaver Messerschmidt: Ein absichtlicher Schalksnarr (aus der Serie Charakterköpfe; Alabaster, nach 1770; im Besitz der Österreichischen Galerie Belvedere, Wien) |
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