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Daß in der türkischen Gesellschaft ein enormes Konflikt-Potential vorhanden ist, wird unter anderem an der Libanon-Krise sichtbar. Schon während der Bombardierungen hatte die türkische Bevölkerung eindeutig mit dem Libanon und der Hisbollah sympathisiert - obwohl die "offizielle" Türkei durch die Nato beziehungsweise durch bilaterale Verträge mit den USA und mit Israel eng verbündet ist. Die Bilder und Berichte von Verwüstungen und mutmaßlichen Kriegsverbrechen heizten die bereits vorhandene antiamerikanische, antiisraelische und teils ausgesprochen antisemitische Stimmung weiter an.
Dann begann die Debatte über eine Beteiligung an der Uno-Truppe im Libanon. Staatspräsident Sezer lehnte eine solche mit dem durchaus rationalen Argument ab, die Türkei habe angesichts der neu entflammten Kämpfe mit der kurdischen PKK genügend eigene Probleme. In der Bevölkerung wird die Entsendung allerdings deswegen entschieden abgelehnt, weil man - wie dies manche Medien und Politiker klar aussprechen - die Uno-Truppe nur als Werkzeug der "Imperialisten" USA und Israel sieht.
Trotzdem setzte Ministerpräsident Erdogan mit den Stimmen seiner Partei und gegen die aller anderen Parteien im Parlament den Beschluß durch, bis zu 1000 Mann für den Libanon abzustellen. Das "patriotische" Argument, die Türkei müsse als regionale Macht Flagge zeigen, vermag aber die Bevölkerung nicht zu überzeugen. |
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