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Was weder Gerhard Schröder noch der Papst, weder die vetoberechtigten Mitglieder des UN-Sicherheitsrates noch Millionen von Friedensaktivisten in aller Welt schafften - ganz unverhofft gelang es dem türkisch en Parlament: Rund um Saddam Husseins Reich wurden die Karten neu gemischt. Genauer: die militärischen Karten, auf denen der Aufmarsch der britischen und amerikanischen Streitkräfte vorgezeichnet war.
Bis Ende vergangener Woche hatten die vereinigten Anglo-Amerikaner auf eine Zwei-Fronten-Strategie gesetzt: Der irakische Diktator sollte von starken Landstreitkräften aus dem Norden und zugleich aus dem Süden in die Zange genommen werden; massive Luftstreitkräfte sollten das Terrain zwischen den aus der Türkei und aus Kuweit vormarschierenden Truppen vorbereitend "einebnen".
Entscheidende Voraussetzung für diese Planung: 60.000 US-Soldaten sollten im türkischen Kurdengebiet in Stellung gehen. Ankara war - so glaubte man zumindest in Washington - für diese Strategie bestens präpariert worden, mit der Ankündigung großzügiger politischer wie finanzieller Unterstützung und wohl auch mit der Zusage, an der Seite der US-Army mitmarschieren und sich vom nordirakischen Beutekuchen ein kräftiges Stück abschneiden zu dürfen.
Doch irgendwie hat Präsident Bush wohl die Rechnung ohne den türkischen Wirt gemacht. Bei der Schlußabstimmung im Parlament fehlten ein paar Stimmen, die Stationierung war abgelehnt, die GI s mußten kurz vor dem kleinasiatischen Etappenziel kleinlaut abdrehen. Die - aus Sicht des Pentagon fatalen - Folgen: Keine Hoffnung auf den erwünschten Zwei-FrontenKrieg, damit auch deutlich geringere Aussichten auf einen schnellen "Blitzkrieg". Den aber brauchen die Amerikaner, um die ihnen verbliebenen Verbündeten in der arabischen Welt bei Laune und islamistische Gegenströmungen unter Kontrolle halten zu können. Hinzu kommt, daß die Verlegung der 60.000 für die Türkei-Front vorgesehenen Soldaten auch erhebliche Kosten verursacht (obwohl Geld in Bushs Planungen offenbar keine Rolle spielt).
Für Europa könnte die Entscheidung des türkischen Parlaments eine nicht unerfreuliche Langzeitwirkung haben. Bislang hatte Washington die Europäische Union in Sachen Türkei-Beitritt massiv unter Druck gesetzt; damit dürfte nun nicht mehr zu rechnen sein. Seit dem letzten Wochenende ist Ankaras "Weg nach Europa" ein Alleingang - mit entsprechend geringen Erfolgsaussichten. |
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