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Während Estland mit einem Anstieg des Bruttoinlandsprodukts um 6,2 Prozent in diesem Jahr alle anderen zwölf EU-Bewerber übertrumpft und Litauen mit einer Inflationsrate von 1,0 Prozent Spitze ist, kann Lettland derlei Rekorde nicht aufweisen.
Trotzdem sind die entsprechenden lettischen Daten mit einem 3,6prozentigen BIP-Zuwachs bzw. einer Inflation von 3,4 Prozent durchaus ansehnlich. An den erheblichen wirtschaftlichen Sorgen in der Baltenrepublik ändert dies aber nur wenig. Abgesehen vom Agrarbereich ist vor allem die Exportwirtschaft betroffen, die unter den Folgen des Euro-Verfalls leidet.
Die von einer Münchner Firma gedruckten Lat-Geldscheine sind laut Beschluß der Lettischen Zentralbank nicht an den Euro gekoppelt, sondern an einen vom Dollar dominierten Währungskorb. Aus der anhaltenden Schwäche der EU-Gemeinschaftswährung resultieren deshalb für lettische Exporteure Verluste in Höhe von 15-20 Prozent, wenn sie ihre Verkaufserträge in Lat ummünzen.
Wie schmerzlich die Einbußen für die Volkswirtschaft Lettlands sind, kann man ermessen, wenn man bedenkt, daß (noch) über 60 Prozent aller Ausfuhren in EU-Mitgliedsstaaten gehen und Deutschland wichtigster Handelspartner ist.
Eine ausschließliche Koppelung des Lat an den Euro lehnt der Vorsitzende der Zentralbank, Ilmars Rimsevics, trotzdem weiterhin ab. Schließlich sei es überaus wichtig, so Rimsevics, langfristig als kreditwürdig zu gelten. Und dieses Ziel habe die lettische Geldpolitik in den vergangenen acht bis neun Jahren mit einiger Mühe erreicht.
Welche Folgerungen lettische Firmen aus dem labilen Euro ziehen, machte die Zeitung "Das Parlament" kürzlich in einem Bericht über die Glasfabrik von Livani deutlich. 300 Beschäftigte stellen dort Vasen, Weingläser usw. her, die zu 90 Prozent in die EU gehen.
Jetzt steht die Firma vor dem Ruin, da von den Ausfuhren im Wert von monatlich bis zu 320 000 Mark infolge des Wechselkurses 40 000 Mark weniger zurückfließen. Das entspricht in etwa dem Gewinn. Für den Inhaber Imants Bush gibt es nur einen Ausweg: "Um zu überleben, werden wir uns von jenen Kunden aus der EU zurückziehen, deren Währung an den Euro gekoppelt ist. Statt dessen werden wir uns auf Kunden in Kanada, in den USA, in Großbritannien und in Schweden konzentrieren."
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