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Auch wenn es unter den in den Parlamenten vertretenen Parteien keine gibt, die sich "konservativ" nennt, wird man bei diesem Stichwort primär an die Österreichische Volkspartei (ÖVP) denken. Die ÖVP wurde 1945 in Nachfolge der früheren Christlichsozialen gegründet, aber eben ohne das "C" im Namen. Man wollte damit ausdrücken, eine Partei "für das ganze Volk" zu sein, und den Ballast des Bürgerkriegs 1934 und des klerikalen Austrofaschismus über Bord werfen.
Die ÖVP ist bündisch gegliedert - mit Bauernbund, Wirtschafts bund und Arbeiter- und Angestelltenbund (ÖAAB) - sowie territorial mit starken Landesorganisationen. Die Willensbildung ist dementsprechend kompliziert. Querschüsse gegen die Führung haben Tradition. Vor allem, wenn es der Partei schlecht geht.
Von 1945 bis 1970, als die ÖVP den Bundeskanzler stellte, konnte man sie vorbehaltlos als konservativ bezeichnen. In der Oppositionszeit 1970 bis 1987 und als Juniorpartner der SPÖ bis Ende 1999 war die ÖVP einer weltanschaulichen Erosion ausgesetzt. Das "Bauernsterben" und das "Greißlersterben" (Greißler sind Krämer) ließen mittlerweile den ÖAAB zur wichtigsten Teilorganisation werden.
Die Nähe zur Kirche, obwohl bei öffentlichen Anlässen gerne de-monstriert, wirkt heute oft nur als Lippenbekenntnis. Manche träu-men von Schwarz-Grün, und "fortschrittliche Elemente" sprechen sich sogar für die Homo-Ehe aus. Bundeskanzler Wolfgang Schüssel, der die Partei aus dem Tief von 1999 herausführte, ist eher ein Liberaler. Das Prädikat "konservativ" verdient am ehesten noch die ÖVP in Westösterreich, am wenigsten in Wien. So zeichnet sich bereits ab, daß unzufriedene Konservative bei künftigen Wahlen als eigene Partei antreten werden.
Die Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ) ist konservativ im Sinne von heimattreu - was heute gern als "ausländerfeindlich" abqualifiziert wird. Die 1949 gegründete Vorgängerpartei "Verband der Unabhängigen" (VDU) war das Sammelbecken für alle, die weder klerikal noch marxistisch sein wollten, darunter viele Selbständige. Deren Individualismus sowie der Zwiespalt zwischen "Nationalen" und "Liberalen" sorgten allerdings immer wieder für Abspaltungen wie erst dieses Jahr wieder.
Jörg Haider, der an einem Tiefpunkt 1986 die Parteiführung übernahm, war zunächst dem nationalen Lager zuzurechnen. Er nützte erfolgreich die wachsenden Fehler der "großen Koalition" und machte die FPÖ zu einer Partei von Protestwählern. Stimmenmaximierung bekam Vorrang vor Gesinnung, und das Heranbilden von Kadern wurde vernachlässigt. Doch dank der unumstrittenen Führungsrolle Haiders konnten die internen Gegensätze überspielt werden - die Partei wurde 1999 sogar zweitstärkste Kraft. Erst die Regierungsbeteiligung 2000 ließ die Probleme offenkundig werden und leitete den Abstieg ein.
Das von Haider neu gegründete "Bündnis Zukunft Österreich" (BZÖ) kann nicht als konservativ bezeichnet werden: Seine Vertreter in der Regierung sind liberal, selbst Haider überrascht mit Forderungen, die "sozialistisch" anmuten. RGK |
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