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Verflucht?

 
     
 
Für begangenes NS-Unrecht gibt es nach den Worten des nunmehr ausscheidenden israelischen Botschafters in der Bundesrepublik, Avi Primor "keine Schuld mehr". Die Frage der Schuld sei längst überholt. Primor fragte wer denn heute von den Deutschen noch eine Schuld tragen sollte. Bedenkenswert ist die schon deshalb, da doch heute bereits zwei Drittel der Bundesdeutschen erst nach dem Krie geboren wurden und die Strafmündigkeit, die damals mit 21 Jahren begann, Geborene aus de Jahrgang 1924 und früher betrifft, die heute damit immerhin schon das stattliche Alte von 75 Jahren aufweisen.

Es versteht sich, worauf Primor auch nachdrücklich verweist, daß die Beziehungen au naheliegenden Gründen immer einen besonderen Charakter besitzen werden. Um s befremdlicher wirkt es daher, wenn große meinungsbildende deutsche Zeitungen sic weiterhin an einem Schuldkomplex üben, der im Fortgang der Zeit den damalige Zeitgenosse
n entrückt und den Nachgeborenen fern wie die Schlacht auf den Katalaunische Feldern scheint. So ließ die Springersche WELT einen Alexander Schuller, der Historisch Anthropologie in Berlin lehrt, unter der Schlagzeile "Das fluchbeladene Volk" zu Wort kommen. Schuller führt darin nach vagen religionskundlichen Exkursen übe Apokalypse und Erlösung aus, daß die abendländische Leitidee immer auch von de Rivalität zwischen Juden und ihren inzwischen "säkularisierten Nachfolgern" den Christen, im Kampf um die Gnade Gottes bestimmt wurde. Dies mag für Schuller un seinesgleichen vielleicht zutreffen, für die Kirchen spielt die Rivalität keine Rolle wohl aber die Bekehrung, die sich gleichermaßen auf "Heiden", Unbekehrte un Ungetaufte ausrichtet. Daß dies nicht unproblematisch war, wissen wir nicht nur au unserer eigenen Geschichte, man denke nur an Bonifatius, sondern aus der andauernde Verweigerungshaltung des heutigen Israel, sich christianisieren zu lassen, und de Bestreben der Kirchen, dort missionieren zu wollen.

Insofern scheint der Ansatz von Schuller völlig verfehlt, und zwar um so mehr, weil die NS-Bewegung sich wesentlich auf ein nicht näher beschriebene "positives Christentum" ausrichtete, das teilweise massive Vorbehalte gegen die Institution Kirche anführte. Die Schullersche Unterstellungen, wonach es sich gleichsa um Eifersucht wegen des jüdischen "Erstgeburtsrechts", also der besondere Auserwähltheit handelt, gehen allein schon wegen der religiösen Indifferenz de NS-Bewegung ins Leere. "Hitler meinte", so schlußfolgert Schuller kurzerhand "die arische Rasse an die Stelle des auserwählten, des jüdischen Volkes setzen zu können. Das war, folgte man dem jüdisch-christlichen Mythos, Blasphemie: Mit dem Mord a den Juden habe Hitler Gott herausgefordert. Und Gott habe ihn und sein Volk verflucht Jetzt sind auch wir Deutsche ein auserwähltes – ein von Gott verfluchtes – Volk." Was jenseits von Schuller und Hitler auch immer über de jüdisch-christlichen Mythos gedacht, gehofft oder auch befürchtet wurde, Blasphemi scheint dann vorzuliegen, wenn Menschen Gott unterstellen, er verfluche seine Schöpfung Zur Schöpfung gehört ganz zweifellos auch das deutsche Volk mit seiner langen un überaus wechselvollen Geschichte im wechselnden Gang des Weltenlaufs.

Es scheint sich bei Schuller, um mit dem Berliner Schriftsteller Rolf Schneider zu sprechen, um eine weitere Simplifikation von der Art zu handeln "auf welche die heute in unserem Land lebenden Enkel der Täter mit einer geradez masochistischen Begeisterung reagieren, den man auch Sündenstolz genannt hat" Schneider korrigierte übrigens mit einem Rückgriff auf Thesen des Massenmörders Stali auch die zeitbedingte Gültigkeit von Verdammungsurteilen am Beispiel von Ilja Ehrenburg Stalins Propagandist verkündete 1944: "Die Deutschen sind keine Menschen. Von jetz an ist das Wort ,Deutscher‘ für uns der schlimmste Fluch". Bereits kurz nac Kriegsende ließ Stalin verbreiten, die Hitlers kämen und gingen, aber das deutsche Vol bliebe.

Flüche, gar über ganze Völker ausgebracht, helfen ebensowenig wie Auserwählthei und Sündenstolz über die Folgen eines vermeintlich "metaphysischen Übels" (Leibniz), vielmehr scheint immer noch die Welt mit ihren furchtbaren Gebresten zugleic die beste aller möglichen zu sein, auch wenn Mord und Totschlag, Lüge und Opportunismus Neid und geistige Irrlichterei als die unvermeidlichen Trabanten über die Liebe, die Treue, die Vergebung von Schuld und die Hoffnung im Fortgang der Zeit zu triumphiere scheinen
 
     
     
 
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