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Scharfer Kritik sieht sich das tschechische Parlament nun auch aus den Reihen der CDU/CSU-Bundestagsfraktion ausgesetzt. Wie wir bereits kurz berichteten, hatten die Parlamentarier in Prag jüngst eigens ein Gesetz verabschiedet, in dem Nachkriegspräsident Edvard Benesch attestiert wird, er habe sich "um den Staat verdient gemacht". Benesch war verantwortlich für die Gesetze zur Vertreibung und Entrechtung der Sudetendeutschen und Ungarn ab 1945.
Der Vorsitzende der Arbeitsgruppe "Vertriebene und Flüchtlinge" der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Erwin Marschewski, nannte den mit großer Mehrheit gefaßten Beschluß der tschechisch en Parlamentarier eine "Verklärung der Geschichte", er offenbare "ein problematisches Verhältnis zur Rechts- und Wertegemeinschaft der Europäischen Union und zur gemeinsamen Geschichte". Die von Benesch verantworteten Dekrete seien die Grundlage für die Vertreibung von drei Millionen Sudetendeutschen gewesen. Marschewski kritisierte die rot-grüne Bundesregierung, die die Fragen der gemeinsamen Geschichte im deutsch-tschechischen Verhältnis unbeachtet lassen wolle. So seien keine zukunftsweisenden beiderseitigen Beziehungen aufzubauen.
Schärfer noch ging der Unionsabgeordnete Egon Jüttner mit dem Beschluß von Prag ins Gericht: Er sei eine "schlimme Verhöhnung der vertriebenen Sudetendeutschen und ihrer Nachkommen". Damit würden alte Wunden wieder aufgerissen. Der Beschluß stehe "in krassem Gegensatz zum Völker- und Menschenrecht". Außenminister Fischer offenbare sein mangelndes Geschichtsbewußtsein, wenn er meine, die Benesch-Ehrung belaste das Verhältnis beider Staaten nicht. "Gerade im Hinblick auf den Beitritt der Tschechischen Republik zur Europäischen Union hätte er unmißverständlich klarstellen müssen, daß eine solche unerträgliche und menschenverachtende Geisteshaltung mit der europäischen Rechts- und Wertegemeinschaft unvereinbar ist", so der CDU/CSU-Politiker an die Adresse von Joschka Fischer. Jüttner lobte indessen, daß "auch tschechische Intellektuelle die Ehrung Beneschs kritisieren" - im Unterschied zum deutschen Außenminister.
Zuvor hatten bereits der CSU-Europa-Abgeordnete Bernd Posselt sowie die Präsidentin des Bundes der Vertriebenen, Erika Steinbach, wie vergangene Woche berichtet, ihrer Bestürzung über die Prager Vorgänge Ausdruck verliehen. |
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