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Stolz bewirbt der Droemer-Verlag seine Neuerscheinung auf dem deutschen Buchmarkt "Die verlorene Kunst, Liebschaften zu pflegen" mit einer Rezension der britischen Hochglanz-Frauenzeitschrift "Cosmopolitan", die den Roman mit einem Werk der unvergessenen britischen Schriftstellerin Jane Austen vergleicht. Das macht neugierig, doch schnell wird klar: Da kennt jemand Jane Austen nicht beziehungsweise hat deren Werke aus dem 18. Jahrhundert nicht verstanden.
"Ich lernte Charlotte eines Nachmittags in London kennen, während ich auf den Bus wartete ... Es war Mitte November 1954 und so kalt, wie ich es in London noch nie erlebt hatte ... " An diesem seltsamen Wintertag also geschieht es, daß die dem verarmten Adel entstammende Penelope von der ungestüm-charmant en Charlotte zum Tee bei deren Tante Clare eingeladen wird. Hier lernt Penelope auch Harry, Charlottes geheimnisvollen Bruders, kennen.
Penelope, die bisher auf dem verfallenen Anwesen Magna Hall mit ihrem Bruder Inigo und ihrer eleganten und sehr jungen Mutter ein aristokratisch-behütetes Leben geführt hat, ist begeistert von der offenen Art und dem charmanten Wesen ihrer drei Gastgeber.
Um sich zu revanchieren, lädt sie Harry und die quirlige Charlotte einige Zeit später zu sich nach Magna Hall ein.
"Charlotte brach dauernd in Entzückensschreie aus - etwa beim Anblick der knorrigen, schneebeladenen Äste unserer Apfel- und Kirschbäume ... Gleichzeitig gelang es ihr seltsamerweise, den Eindruck zu erwecken, als habe sie das alles geplant. Die Welt um uns herum schimmerte weiß und silbern, nur gelegentlich unterbrochen von den scharlachroten Farbtupfern der Ilexbeeren."
Verrauchte Jazz-Clubs, Champagner, Zigaretten und noble Dinnerparties bei exotischen Cocktails stehen bei den besserbetuchten, musiksüchtigen mondänen Nachkriegsteenagern auf der Tagesordnung. Das erste, für Penelope eigentlich nicht finanzierbare Diorkleid, die erste durchfeierte Nacht, die erste Liebe - all dies lernt die eigentlich schüchterne junge Frau dank Charlotte bald kennen und findet auf diese Weise zu Selbstvertrauen, innerer Stärke und Mut - Mut, zu sich selbst und dem, was sie ist, zu stehen.
"Die verlorene Kunst, Liebschaften zu pflegen" ist zwar ein wunderschönes Buch, das auf seine ganz spezielle Weise verzaubert. Die Tatsache, daß eine junge Frau aus verarmten Adel stammt, einen reichen Adelserben trifft und Verwirrungen der Liebe erlebt, macht allerdings noch lange keine Jane Austen der Gegenwart. Aber auch wenn der Vergleich der beiden Autorinnen sehr stark hinkt, ist und bleibt das Buch, das sich locker liest, von Gesellschaftskritik oder wenigstens -beschreibung allerdings weit entfernt ist, ein schöner Zeitvertreib.
Es bleibt zu hoffen, daß Rezensenten doch bitte, wenn sie aktuelle Erscheinungen auf dem Buchmarkt mit den Werken großer Literaten vergleichen, diese zuvor auch gelesen haben.
Eva Rice: "Die verlorene Kunst, Liebschaften zu pflegen", Dromer Verlag, München 2006, geb., 478 Seiten, 19,90 Euro 5761 |
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