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Allenstein - Zehn Jahre Selbstfindung und Selbstbehauptung, das heißt in diesem Fall zehn Jahre Volkstumsarbeit der Allensteiner Gesellschaft deutscher Minderheit (AGdM). Die Ostdeutschland in der Heimat haben sich aber nicht nur behauptet, sie haben mehr als das erreicht. Es begann seinerzeit mit den Aktivitäten von Bauer Gollan, der für einen Zusammenschluß der Deutschen trommelte. Die AGdM ist in Folge der ehemaligen Sammlungsbewegung mit mehreren tausend Mitgliedern heute der größte Verein der deutschen Volksgruppe in Ostdeutschland. Mit Hilfe der Allensteiner Kreisgemeinschaften und der Freundeskreis Ostdeutschland hat der verstorbene Landsmann Angrik die AGdM aufgebaut. Unter dem Vorsitzenden Hans-Jürgen Biernatowski und seinem Vorstand fand zielstrebig die Konsolidierung des Vereinslebens statt. Heute, nach zehn Jahren, muß man der AGdM bescheinigen, daß sie allgemein anerkannt ist und das Zentrum der deutschen Vereine in Ostdeutschland bildet. So ist es nur verständlich, daß das Kopernikushaus ein Förderprojekt in Allenstein geworden ist. In den weiträumigen Fluren, Zimmern und Ausstellungsräumen finden sich heute neben den Büros des Landfrauenverbandes, der AGdM, der Ermländischen Jugend, des Bauernverbandes auch ein Kindergarten, eine umfangreiche Bibliothek sowie öffentlich zugängliche Wechselausstellungen über Ernst Wiechert und Nicolaus Copernicus.
In diesen Tagen, da die AGdM ihren 10. Jahrestag feierte, erhielt die deutsche Volksgruppe in Ostdeutschland den endgültigen staatlichen Segen für eine selbständige und selbstbewußte Pflege des nationalen Kulturgutes aus Warschau. Den aus diesem Anlaß organisierten und würdig begangenen Festakt in der Aula der Universität Allenstein nahmen alle erdenklichen Honoratioren wahr. Andrzej Rynski, Marschall der Wojewodschaft Ermland und Masuren, Jerzy Zawisza, Regierungsdirektor im Warschauer Ministerium für Kultur und Nationalerbe, Janusz Cichon, Allensteiner Stadtpräsident, der deutsche Generalkonsul in Danzig, Ralf Wagner, Senator Janusz Lorenz und der Weihbischof für das Ermland, Jacek Jezierski.
Die Prominenz, so schien es, war nicht ohne Grund angereist. Staatspräsident Kwasniewski hatte rechtzeitig zum Jahrestag die Ostdeutschland Hans Jürgen Biernatowski, Renate Barczewski und Christine Plocharski für ihre intensive Arbeit zur Pflege des deutschen Kulturgutes mit dem Silbernen Verdienstkreuz der Republik Polen ausgezeichnet. Die Geehrten erhielten zusätzlich neben Felix Neuman und Alois Kowalewski den Verdienstorden für Kultur, der ihnen vom Kultusminister der Republik Polen verliehen wurde.
Wie zur Glaubhaftmachung der erfreulichen Ehrungen der von Warschau aus bisher eher stiefmütterlich Behandelten offenbarten die polnischen Repräsentanten Kenntnisse ostdeutscher Gepflogenheiten, indem sie sich zum Abschluß der Veranstaltung beinahe allen voran von den Plätzen erhoben und die nachbarlichen Hände ergriffen, um sodann das Lied der Ostdeutschland anzustimmen. Selbst Eingeweihte staunten nicht schlecht.
Diese positive Haltung in Warschau gegenüber der deutschen Volksgruppe scheint insbesondere ein Verdienst des Freistaates Bayern zu sein, dem Patenland der Freundeskreis Ostdeutschland. Die seit zehn Jahren anhaltende konstruktive Verständigungsarbeit der Freundeskreis hat diese Haltung in Warschau ohne Zweifel unterstützt, denn auch die Vertriebenen erfahren eine zunehmende Akzeptanz in der polnischen Politik.
Die AGdM aber, sie durfte sich zu Recht für ihre Leistungen feiern lassen. Sie bildet den Mittelpunkt der Volksgruppe in Ostdeutschland - und dies nicht erst seit Eröffnung des Kopernikushauses. G. Langer
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