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Der Publizist Henryk M. Broder macht sich ernstlich Sorgen um die Zukunft der Satire in Deutschland:
"Das Problem mit der deutschen Wirklichkeit ist, daß sie inzwischen eine satirische Qualität erreicht hat, die man nicht toppen kann. Kein Mensch hat die Phantasie, sich die Geschichten auszudenken, die wirklich passieren."
In der Welt vom 21. Januar malt Konrad Adam ein düsteres Bild der heutigen Politikergeneration:
"Die Parlamente sind voll von Vertretern, Berufs vertretern, Pharmavertretern, Gewerkschaftsvertretern, Interessenvertretern; ein paar von ihnen mögen auch das Volk vertreten, aber wie viele? Die Spießbürger, so, wie Max Weber sie beschrieben hat, haben die Herrschaft angetreten: ein Typ, dessen ganzer Ehrgeiz sich auf materielle Ziele konzentriert und auf das Interesse der eigenen Generation beschränkt ist, dem jedenfalls das Bewußtsein ,für das Maß der Verantwortung gegenüber unserer Nachkommenschaft fehlt . Man findet sie in allen Parteien und Fraktionen. Und die Gesetze, die sie machen, sind danach. Von uns, den Bürgern, fordern sie Vertrauen. Aber warum sollten wir ihnen das schenken?"
Der Bundestagsabgeordnete Martin Hohmann erklärte am 25. Januar zu seiner geplanten und dann abgesagten Rede für die Junge Union in Mecklenburg-Vorpommern:
"Die Union betrachte ich nach wie vor als meine politische Heimat. Vor dem Landgericht Berlin erstrebe ich zur Zeit die Feststellung, daß ich CDU-Mitglied bin ... Andererseits ist Meinungsfreiheit der Kernbestand unserer demokratischen Ordnung. Das wird in der Schule und in den politischen Nachwuchsorganisationen ständig ,gepredigt . Es wäre für junge Menschen eine verhängnisvolle Lektion, wenn sie den Eindruck gewinnen müßten, Meinungsfreiheit gelte nur für konforme Äußerungen und nur für ,von oben approbierte Redner."
Der Moshammer-Mord hat die Debatte neu entflammt: Darf man Verdächtigen und Verbrechern den "genetischen Fingerabdruck" abnehmen? Focus-Chefredakteur Helmut Markwort meint eindeutig ja:
"Da Verbrecher technische Neuerungen sofort nutzen, sollte der Staat erst recht nicht zögern, Erkenntnisse der Wissenschaft zum Schutz seiner Bürger zu nutzen."
Gegenwartsbewältigung
Jung Harry, Prinz von Engeland,
erlaubt sich gerne allerhand,
zuletzt sogar ein Hakenkreuz,
denn seine Saufkumpane freut s.
Doch diesmal ist der Hof empört,
weil sowas die Geschäfte stört,
und folglich muß der Harry nun
für alle sichtbar etwas tun:
Er kriegt zur Schulung des Geschmacks
ein Seminar mit Rabbi Sacks
und Dienst bei Papas Schweinemist,
weil dessen Saustall koscher ist.
Als Strafe aber folgt zum Schluß,
daß Harry das besuchen muß,
was umgangssprachlich heute meist
anstatt Oschwjetschym Auschwitz heißt.
O Harry, welches Glück du hast:
Ein Deutscher endet prompt im Knast
für Hakenkreuz und solcherlei,
nur Drogenhändler gehen frei.
Und außerdem, du Schnapskadett,
gibt s Schulausflüge ins Ka-Zet
für jedes Kind aus Land und Stadt,
selbst wenn es nicht gesündigt hat!
Gonzalo de Braganza |
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