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Der Schriftsteller Hans-Magnus Enzensberger wirft den Deutschen in der Welt am Sonntag vom 19. September ein unterentwickeltes Traditionsbewußtsein und chronisch schlechte Laune vor:
"Die Deutschen haben ein Problem mit ihrer Tradition und ihrer Geschichte. Sie sind aus gutem Grund fixiert auf die unmittelbare Vergangenheit des 20. Jahrhunderts. Aber dahinter ist unser kulturelles Kapital verschwunden. Deutschland ist nicht 70 oder 80 Jahre alt. Deutschland hat einen Fundus, von dem wir Gebrauch machen sollten. Die Mutlosigkeit, unser Mangel an Selbstbewußtsein - das alles wird auch unseren Nachbarn allmählich ein wenig lästig ... Deutschland hat eine ganz große Begabung für schlechte Laune. In dieser Hinsicht hat es das Land sehr weit gebracht."
Die niederländische Zeitung De Volkskrant vom 20. September wundert sich über den unsouveränen Umgang von Medien und Politikern mit dem Wahlerfolg der Rechtsaußen-Parteien:
"Den etwas verkrampften Reaktionen auf die Wahlergebnisse für die NPD in Sachsen und die DVU in Brandenburg kann man entnehmen, daß man in Deutschland noch immer keine guten Umgangsformen mit unerwünschten politischen Ent- wicklungen gefunden hat."
Die Wahlen in Sachsen und Brandenburg brächten die Union in schwerere Bedrängnis als die SPD, meint die Hannoversche Allgemeine vom 20. September, denn:
" ... die Union hat den Sommer in einer Umfrageblase verbracht. Die Stärke der CDU war vor allem die Schwäche der SPD."
Griechenlands falsche Haushaltszahlen enthüllten genau das, was die Euro-Gegner befürchtet hätten, meint die Süddeutsche Zeitung vom 21. September:
"Ihre (der Deutschen) Bedenken richteten sich vor allem gegen eine Währungsgemeinschaft mit dem Süden ... Jetzt scheinen sich ihre Befürchtungen zu bestätigen."
Günters Torschlußpanik
Europa braucht das Türkenland
und soll dem Glück sich beugen -
so will es Allahs linke Hand,
der Kommissar Verheugen.
Er hat schon Benesch-reif gemacht
die alten Europäer,
und Turkestan in ganzer Pracht,
das liegt doch noch viel näher.
Europa ist kein Christen-Klub -
so hat s fixiert als Rahmen
ein auserwählter Sozi-Bub,
der Moscovitsch mit Namen.
Die grade Konsequenz davon,
das Ziel vor Korn und Kimme,
heißt uncodiert, es will Scharon
in Brüssel Sitz und Stimme!
Bei solchem Zweck ist alles klar:
Verheugen darf nicht scheitern -
doch Zeit wird knapp dem Kommissar
fürs Wei-oh-Wei-Erweitern,
denn bald schon muß er irgendwie
auf gänzlich andern Schienen
als Kommissar für Industrie
dem Wohl der Menschheit dienen!
Zu Günters Glück kommt Erdogan,
verzichtet auf Reformen
und toleriert somit spontan
die wertgemeinen Normen:
Der Ehebruch, er bleibt erlaubt -
Europa ist gerettet
und liegt, auch wenn es kaum wer glaubt,
genauso, wie sich s bettet.
Gonzalo de Braganza
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