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Wann ist eigentlich Bundestagswahl? Nach Plan erst 2009. Darauf will in Berlin aber niemand wetten. Der Verdacht, daß insbesondere die Sozialdemokraten nur auf eine günstige Ausgangslage für vorgezogene Neuwahlen hinarbeiten, hat nach der Bremer Sitzung des SPD-Vorstands neue Nahrung erhalten.
Becks Genossen haben das Füllhorn zur Hand genommen: Mehr Geld für Bildung, kostenlose Kindergartenbetreuung, Befreiung der unteren Einkommensschichten von den Sozialabgaben. Über die Finanzierung der Maßnahmen hört man allenfalls Gemeinplätze wie "Steuerschlupflöcher schließen". So sehen Wahlprogramme aus, nicht aber die konkrete Tagesordnung einer Regierungspartei, wo die Machbarkeit jedes Vorhabens berücksichtigt sein muß.
Die Erstattung von Sozialbeiträgen für Geringverdiener ist dabei für sich gesehen durchaus diskutabel. Wer 1100 Euro brutto nach Hause bringt, der wird durch die Abgaben praktisch auf Hartz-IV-Niveau zurückgeworfen. Allerdings haben die Sozialdemokraten aus vorausschauender Wahltaktik darauf verzichtet, neben solcher "Förderung" auch Forderungen an Leute wie den bekannten Henrico Frank zu formulieren. Wenn es Hartz-IV-Empfänger wie der Besagte vorziehen, acht Arbeitsplatzangebote auszuschlagen, dann ist das angestrebte Gleichgewicht von "Fördern und Fordern" offenkundig nicht erreicht. Wer arbeiten kann, der soll auch zur Arbeit verpflichtet werden können, sonst hat er sein Anrecht auf staatliche Stütze verwirkt - von diesem in den Schröder-Jahren angedachten Grundsatz redet die SPD nicht mehr gern. Ein deutliches Indiz dafür, daß die Sorge über ihr Abschneiden bei einem Urnengang realpolitische Einsichten bereits in den Hintergrund gedrängt hat.
Die Grünen hatten sich bereits auf dem Dezember-Parteitag auf die Bedienung ihrer Wählerklientel gestürzt. Sie und nicht die FDP sind die wahre "Partei der Besserverdienenden", eine Schicht also, die von wirtschaftlichen Überlebensängsten weniger gepeinigt wird als andere. Entsprechend verlegten sich die Grünen auf die "großen Menschheitsprobleme" wie den "Klimaschutz". Dafür ist die Aufmerksamkeit dort besonders groß, wo tägliche Existenzangst eine mindere Rolle spielt.
Die FDP profilierte sich auf ihrem Dreikönigstreffen schließlich als Mittelstandspartei, die einem Koalitionspartner, sei er rot oder schwarz, die Stimmen derjenigen Wähler mit in die Ehe bringt, die sich von der "Sozialdemokratisierung" der großen Parteien überfahren fühlen. Sichtlich bemüht war Parteichef Westerwelle, weiterhin jede einseitige Festlegung auf die Union als Partnerin zu vermeiden. Er hält sich alle Optionen offen.
So fügen sich bereits die möglichen Farben künftiger Bündnisse. Aber was macht eigentlich die Union? Die CSU verzettelt sich in Personaldebatten, das inhaltliche Profil der CDU vermögen selbst treue Anhänger kaum noch in Worte zu fassen. Die Union läuft Gefahr, vor der Öffentlichkeit als Alleinverantwortliche für die Folgen der großkoalitionären Kompromißhuberei nebst Steuererhöhung übrigzubleiben, derweil SPD, FDP und Grüne ihre Wahlkampfposition |
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