|
Um zu wissen, wohin man geht, sollte man immer auch wissen, woher man kommt. Dies jedenfalls fordert die junge Ich-Erzählerin in dem Roman "Geliebter Che". Aufgezogen wurde sie von ihrem Großvater in Florida, doch jedesmal, wenn sie ihn nach ihren Eltern fragte, versank er in Schweigen. Doch kurz vor seinem Tod erzählt er seiner Enkelin dann doch, daß er sie auf Drängen ihrer Mutter Teresa mit aus Kuba geschmuggelt habe, der Kontakt zur Mutter sei jedoch von da an abgebrochen. Die vagen Aussagen des Großvaters lassen die sowieso schon rastlose Enkelin nun vollends auf die Suche nach ihrer Vergangenheit gehen. Sie begibt sich nach Kuba und verbringt Wochen damit, von Haus zu Haus zu gehen und nach einer Teresa zu fragen, die ihr Kind Ende der 60er Jahre außer Landes gebracht hat. Doch in Havanna erhält die Elternlose keine Antwort auf ihre Fragen. Jahre später jedoch erreicht sie ein
Packet mit Briefen, in denen eine Teresa de la Landre behauptet, ihre Mutter zu sein. Das wirklich spektakuläre an diesen Briefen ist allerdings, daß die Briefschreiberin behauptet, daß sie die Geliebte von Che Guevara gewesen sei. Die Vorstellung, daß der Revolutionär ihr Vater sein könnte, wirft die junge Amerikanerin aus der Bahn, und sie begibt sich abermals nach Kuba, um das Rätsel ihrer Herkunft endlich zu lösen.
Die 1970 geborene Autorin Ana Menendez ist selbst Exilkubanerin und kennt sich daher mit den Problemen dieser Personengruppe aus. Feinfühlig spinnt sie die Liebesgeschichte zwischen Che Guevara und Teresa, der Tochter aus gutem Hause, zusammen. Teilweise gelingt ihr das so eindringlich, daß man denken könnte, sie erzählt eine wahre Geschichte.
"Einfallsreich und hypnotisierend, vorsätzlich verzaubernde Prosa ... Eine ergreifende Erzählung über den Zusammenhang von Geschichte und Identität, zugleich Detektivroman, eine Reiseschilderung und ein Fiebertraum", lobte die Los Angeles Times Book Review den Roman. Vor allem jedoch ein Fiebertraum, der für jemanden, der sich mit der nahen Geschichte Kubas nicht auskennt, sehr verwirrend sein dürfte, da die Geschichte häufig anhand von Gefühlen, die eine Reaktion auf die Ereignisse sind, geschildert wird, ohne auf die Ereignisse direkt einzugehen. Der Leser fühlt, riecht, und sieht das Kuba der Revolutionsjahre, verstehen tut er es allerdings nicht - obwohl, kann man es überhaupt vom Verstand her greifen? Fritz Hegelmann
Ana Menendez: "Geliebter Che", Blessing, München 2004, geb., 224 Seiten, 19 Euro
|
|