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Nicht allein ältere Herrschaften oder gar rege Konsumenten bunter Heftchen sind es offenbar, die sich für fürstliche Häuser interessieren. Die Blaublütigen wecken noch immer große Aufmerksamkeit, und zwar in praktisch allen Schichten der Bevölkerung.
Und das stolze 80 Jahre, nachdem in Deutschland die Throne stürzten!
Dieses Phänomen ließ die NDR-Journalisten Rolf Seelmann-Eggebert und Leontine Gräfin von Schmettow nicht länger kalt. Zumal: "Entgegen einer vielleicht naheliegenden Meinung ist das Interesse für die Fürstenhäuser im Vergleich zu den 50er oder 60er Jahren nicht etwa zurückgegangen sondern spürbar gestiegen."
Indes sind die Mitglieder des Hochadels zur Zeit entweder Opfer skandalgieriger Fotoreporter und Kitschliterat en, oder aber sie geraten unter die Messer zu spät geborener Schreibtischrevolutionäre.
Dem wollten die beiden Autoren der ARD-Reihe "Deutsche Fürstenhäuser" endlich etwas Seriöses entgegensetzen. Am ersten Weihnachtstag startet die Reihe, wie es sich gehört, mit dem Hause Preußen. Es folgen in den Tagen darauf die Häuser Schaumburg-Lippe, Sachsen, Bismarck und Hohenzollern-Sigmaringen.
Keine leichte Sache war es dem Vernehmen nach, das Vertrauen ihrer Gesprächspartner zu gewinnen. Die Medien-Erfahrungen der Interviewten sind durchwachsen. Wer erinnert sich nicht an den Fall des Prinzen Ernst-August von Hannover. Den hatten penetrante Reporter mit solcher Hemmungslosigkeit behelligt, daß ihm schließlich die Hand ausgerutscht war. Ein gefundenes Fressen. Fortan schmähten ihn die Aufdringlinge als "Prügel-Prinz".
Doch Seelmann-Eggebert und Gräfin von Schmettow bewiesen Fingerspitzengefühl. Und zeigten ein von manchen verloren geglaubtes journalistisches Einfühlungsvermögen. Nach der Vorabschau der Folge "Die Bismarcks" wurde die sensible Vorgehensweise der Autoren deutlich. Die Familienmitglieder zeigten sich eben so, wie sie sich zeigen wollten, gelöst, manchmal skurril und (warum auch?) nicht unbedingt jedermanns Sache.
Einen der bei der Vorabsendung im malerischen Schloß Breitenburg bei Itzehoe anwesenden Pressevertreter wollte aber gerade das nicht schmecken: Ihm war das alles nicht "kritisch" genug. Dem anwesenden Altmeister der deutschen TV-Dokumentation, dem legendärem Peter von Zahn, ließ dieser Anwurf keine Ruhe. Früher habe man nicht das Ziel gehabt, die Leute vor der Kamera runterzumachen. Sie sollten sich selbst präsentieren, und das sei hier in hervorragender Weise gelungen. Auch lobte v. Zahn die gute Arbeit von Regisseur István Bury. Anerkennung von einem Mann, dessen Wort etwas gilt.
In zwei weiteren Staffeln soll die Reihe zu Ostern und Weihnachten 1999 fortgesetzt werden. Dann kommen auch Häuser wie Sachsen-Coburg und Gotha, Fürstenberg oder Thurn und Taxis ins Bild. Als Begleitbuch ist der reich bebilderte Band "Deutsche Fürstenhäuser, Neuer Glanz auf alten Kronen" im Econ-Verlag erschienen (ISBN 3-430-18276-x).
Die Frage drängt sich auf: Woher rührt die neuerliche Hinwendung zum alten Adel? Jede Zeit hat ihren Adel, kontern die Autoren. Heute seien das eigentlich die Großen aus Politik und Wirtschaft. Deren Glanz dürfte jedoch derart ermattet sein, daß die Menschen wieder nach den "alten Kronen" suchen. Auch eine Art, wie das Volk seiner "Elite" zeigen kann, was sie von ihr hält. Hinzu kommt aber sicher der Wunsch der Menschen nach etwas Dauerhaftem. Das gnadenlose Abräumen von Tradition gerade in Deutschland hat eine Atmosphäre von kalter Langeweile hinterlassen. Brauchen wir die Fürsten, ihre Tradition, den Glanz ihrer Häuser? Wer schon so fragt, wird die Antwort nie finden, weil er die Menschen nicht versteht oder ihre Gefühle verachtet.
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