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Das aus Indien stammende Wandervolk der Zigeuner ist seit längerem auf allen fünf Kontinenten vertreten, ausgenommen sind die Regionen Ostasien, Südost-Asien und Schwarzafrika, wo administrative Hemmnisse oder sozio-ökonomische Strukturen ein Wanderleben unmöglich machen. Die Zigeuner wanderten zwischen dem 8. und dem 10. Jahrhundert aus ihrer nordindischen Heimat in zwei großen Zangenbewegungen nach Westen, die einen zogen über Syrien, Palästina, Ägypten und Nordafrika nach Spanien, die anderen über Armenien, Kleinasien und den Balkan nach Westeuropa, wo sie seit dem Beginn des 15. Jahrhunderts nachgewiesen sind. Im 17. und 18. Jahrhundert wurden größere Gruppen von ihnen in die spanischen und englischen Kolonialgebiete nach Amerika und Australien deportiert. Die rund 10 Millionen Zigeuner auf der Welt haben sich zum größten Teil einer Sesshaftmachung entzogen und stießen aus diesem Grunde bei fast allen Völkern auf Unverständnis, Ablehnung, ja sogar Feindschaft. Die Lebensgrundlagen sichern sich die in festen Sippen wandernden Zigeuner durch Gelegenheitsarbeiten, Pferdehandel, Musikantenmetiers, Schaustellerei, früher durch Scherenschleifen oder Kesselflicken. Zum großen Teil haben sie sich in religiöser Hinsicht den Konfessionen des Christentums ihrer Gastländer angenähert, es gibt daher katholische, orthodoxe, anglikanische und protestantische Zigeuner. Ihre indogermanische Sprache, die zu den Paisatschi-Dialekten gehört, haben sie bis heute beibehalten, wenn auch vermischt mit Lehnwörtern aus verschiedenen anderen Sprachen. Seit der nationalsozialistischen Verfolgung, der zwischen 277 000-500 000 Zigeuner zum Opfer fielen, hat die Bezeichnung „Zigeuner“ einen abwertenden Sinn erhalten, weshalb den Namen Sinti und Roma seither Priorität zukommt. Die Bezeichnungen für das wandernde Volk in den fünf Kontinenten sind jedoch geradezu unübersehbar. Heute leben in der Europäischen Union nach vorsichtigen Schätzungen etwa 3-4 Millionen Sinti und Roma, vornehmlich jedoch in Spanien, Deutschland und Ungarn. In den EU-Beitrittskandidaten Rumänien (2 Millionen), Türkei (600 000) und Bulgarien (500 000) sind weitere größere Gruppen registriert worden. |
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