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Das Familienalbum von "Raduga" ("Regenbogen"), einem von insgesamt 30 Kinderheimen im Königsberger Gebiet, ist gefüllt mit Aufnahmen von Ferienlagern oder von Seebädern, in denen die Kinder in den vergangenen Jahren ihre Sommerferien verbracht haben. Doch in diesem Jahr ist alles anders: Weder im Kreis- noch im Gebietsbudget gibt es genug Geld, um eine weitere Reise finanzieren zu können. Für jedes Kind müßten mindestens 3.500 Rubel (etwa 100 Euro) für einen Platz zur Verfügung stehen. Das Gebäude des Kinderheims müßte dringend renoviert werden, und für diese Zeit müßten die Kinder ohnehin anderweitig untergebracht werden.
Bislang wissen die Erzieherinnen des Kinderheims nicht, wie sie die diesjährigen Sommerferien mit den Kindern verbringen sollen. Für eine Erholung sei es notwendig, daß die Kinder die gewohnte Umgebung ihres Kinderheims verlassen, sagen sie. Einmal haben sie eine Reise ans Schwarze Meer unternommen. Daran erinnern sich alle noch gerne, da die Kinder hier neue Kontakte zu Gleichaltrigen schließen konnten, mit denen noch heute ein reger Briefverkehr besteht.
Die staatliche Sozialversicherung sieht zwar die Kostenübernahme für Reisen von Kindern vor, für die kein Erwachsener mehr die Fürsorge hat, doch gibt es keine staatliche Verfügung, aufgrund derer die Versicherung die Beträge auszahlen könnte. Die Sozialversicherung verfügt hierfür über keinen Etat, aus dem die notwendigen Mittel entnommen werden könnten. Trotzdem hat die Verwaltungschefin der Sozialversicherung, Maria Orgeewa, versprochen, daß sie schon aus irgendeinem Topf finanzielle Mittel locker machen werde, um den Kindern doch noch eine kleine Erholungsreise zu ermöglichen. Für die Leiter der 30 Kinderheime drängt inzwischen die Zeit. Wenn das Geld nicht bald fließt, werden die Kinder in diesem Jahr das Königsberger Gebiet nicht verlassen können. Flüge wären ohnehin zu teuer, und für Eisenbahnfahrten werden Dokumente benötigt, die viele noch nicht haben. Für Reisen durch litauisches Gebiet gelten ab dem 1. Juli neue Regeln: Bei Bahnreisen müssen Kinder in Begleitung eines Erwachsenen oder selbst im Besitz von Auslandspässen sein. Selbst wenn die russische Bürokratie schnell arbeiten würde, bekämen die Kinder die Auswirkungen der neuen Transitregelung zu spüren, wenn nicht Litauen, wie schon vor einiger Zeit angekündigt, Sonderregelungen für Kinder auf dem Weg zu Ferienlagern zuläßt.
Zu überlegen ist, ob es den Kindern nicht auch Spaß machen könnte, in einem Zeltlager im Königsberger Gebiet - beispielsweise an der Ostsee - ihre Ferien zu verbringen, wenn es ansonsten keine geeigneten Ferieneinrichtungen innerhalb der Exklave gibt. JJ |
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