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Große Nervosität herrscht unter den "schlafenden" polnischen Agenten in Deutschland: Während nach der Wende im Nachbarland (1989) die Warschauer Regierung beschlossen hatte, die Auslandsagenten aus der Zeit des kommunistischen Regimes nicht zu "enttarnen", hat sich die heutige Regierung eines anderen besonnen. Zuvor hatten die USA verlangt, daß die in den Vereinigten Staaten lebenden polnischen Agenten benannt werden müssen. Bislang gab das "Institut für national es Gedenken" (IPN), die polnische Birthler-Behörde, Geschädigten auf Anfrage lediglich die Tarnnamen der Agenten preis. Zwar konnte ein Antrag auf "Enttarnung" gestellt werden, der aber wurde - und der Verfasser spricht aus eigener Erfahrung - bislang nie erfüllt.
Zudem gelangte man in Warschau zur Erkenntnis, daß für den Geheimdienst "Sluzba Bezpieczenstwa" (SB) die alte Bundesrepublik ein wahrer Agenten-Tummelplatz war; dies mit Schlüsselfunktion für die Bekämpfung der demokratischen und kirchlichen Opposition: Vom Agenten Andrzej Madejczyk (Tarnname "Lakar") wurden der Papst und die polnische und deutsche katholische Kirche ausgespäht. Dieser SB-Führungsoffizier, getarnt als Biedermann, hatte Zutritt zur Bonner Apostolischen Nuntiatur, zu Feldgeistlichen bei der US-Army in Deutschland und nicht zuletzt zum Direktor der polnischen Sektion des US-Senders "Radio Free Europe" (München). Eine Zeitlang war er Geschäftsführer eines vom (damals SPD-regierten) nordrhein-westfälischen Sozialministerium geförderten polnischen Flüchtlingsvereins.
In der polnischen Abteilung der Kölner "Deutschen Welle" saß als Vizesektionsleiter der polnische Ex-Feldgeistliche und Bruder des Politbüromitgliedes sowie Innenministers General Miroslaw Milewski. In Bonn wurde der Auslands-SB vom als Korrespondent der "Polnischen Nachrichtenagentur" PAP getarnten SB-Oberst Czeslaw Jackowski (nach der "Wende" sogar Brigadegeneral) koordiniert. Nun wird der Vorwurf immer klarer, daß ein Teil dieser Agenten sich kriminell betätigt hatte. Der Verdacht, daß der Direktor des oppositionellen Polenzentrums, der geflüchtete Prof. Dr. theol. Franciszak Blachnicki, nicht eines normalen Todes gestorben ist, erhärtet sich. Die Sache ist deswegen so prekär, weil Blachnicki selig gesprochen werden soll. Jetzt hat sich im Auftrag von IPN die zuständige Kattowitzer Staatsanwältin des Falles angenommen und will in Deutschland ermitteln. Sie braucht die Mithilfe der deutschen Behörden.
Die Angehörigen inzwischen verstorbener Agenten werden von polnischen Journalisten aufgesucht und mit peinlichen Fragen bedrängt. Sie und die noch lebenden "Schläfer" müssen fürchten, daß sie die Anerkennung als politische Flüchtlinge oder den inzwischen erworbenen deutschen Paß verlieren. Denn sie hatten das ja alles mit falschen Angaben erschwindelt. Und: Sie müssen mit Regreßansprüchen und die "Schläfer" selbst mit Strafverfahren wegen Spionage rechnen. |
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