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Testen wie die Besten

 
     
 
Deutschland ist, so der jüngste Vorwurf im Fleischskandal, zum Gammelfleischmarkt Europas verkommen. Unsere Nachbarn haben den gleichen Ekel vor verdorbenen tierischen Waren, doch sind ihre Behörden besser organisiert im Kampf gegen Verstöße. Dabei galt Deutschland einst als Vorbild. Die Ironie: Frankreich nahm sich deutsche Gesetze zum Vorbild seines Lebensmittelrechts - nicht aber die Ausführung. Heute sollten deutsche Behörden wieder etwas lernen, bevor ihr hilfloses Agieren die EU bei den geplanten einheitlichen europäischen Lebensmittelkontrollen infiziert
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Boeuf Bourguignon aus Fleischabfall? - wer einen französischen Supermarkt von innen gesehen hat, kann sich derartige kulinarische Widrigkeiten kaum vorstellen. In Frankreich, dem Land der Agrar-Exportschlager, sind Lebensmittel heilig. Allein für das Kantinenessen in Schulen erließ das französische Landwirtschaftsministerium 2001 verschärfte Kontrollvorschriften. Eine 1999 ins Leben gerufene staatliche Lebensmittelhygieneagentur, steht im engen Austausch mit anderen Kontrollgremien, Zoll und Landwirtschaftsministerium. Sie überwacht vom Stall bis zum Verkauf alle Wege des Fleisches. Das französische Kontrollwesen ist ähnlich dem deutschen dezentral geordnet. Die Departements (Verwaltungsbezirke) unterhalten jedoch Kompetenzzentren, in denen Veterinäre, Zollbeamte und Betrugsspezialisten der Wettbewerbs- und Verbraucherdirektion DGCCRF unmittelbar gleichberechtigt zusammenarbeiten. Koordinierte Aktionen bestimmen so ständig ihre Einsätze - ein Vorteil vor nebeneinander wurstelnden deutschen Regierungsbezirken, Landkreisen, Landesämtern und amtlichen Verbraucherschützern.

Jenseits des Rheins testen die Kollegen ebenso wie hier in großen nationalen und EU-Kampagnen Fleisch, offenbar aber intensiver. Die jüngste französische DGCCRF-Jahresbilanz von 2004 zeigt 9853 analysierte Proben allein von tierischen Lebensmitteln im nationalen Rahmen. Das sind fast doppelt so viele wie das zentrale "Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelrecht" in Deutschland im "Lebensmittelmonitoring" 2004 für alle Lebensmittel zusammen meldete, nämlich 5000 Proben.

Die Franzosen gewinnen insgesamt trotzdem nicht durch mehr, sondern durch aussagekräftige Proben einen Vorsprung. Tests über die 5000 deutschen Proben hinaus gibt es nämlich viele, allein: Diese regionalen Proben sind nicht repräsentativ, wie das "Bundesamt für Verbraucherschutz" einräumt. Das heißt: Welches Amt vor Ort weshalb Stichproben erhebt, bleibt unkontrolliert. Weder Prüfdichte noch Vorgehen sind einheitlich. Die Folgen für Sünder werden im Einzelfall behördlich vor Ort und nicht zentral festgelegt oder überwacht - ein deutsches Manko.

Im hiesigen System der vielen Zuständigkeiten ist die Kontrolle der Kontrolleure nicht mehr feststellbar - Vergleichbarkeit mangelhaft. Fleischsünder wie durchsetzungsunwillige Beamte müssen Konsequenzen weniger als anderswo in Europa fürchten. Die Prüfdichte ist je nach Bundesland verschieden. Erstaunlich, denn es ist viel zu beanstanden: beim Fleisch jede fünfte Probe. In der Hälfte dieser Fälle ist es "nur" Etikettenschwindel, sprich falsch ausgezeichnete Ware, doch rutscht zu viel Verdorbenes durch den Testrahmen. Die Skandale zeigen das.

Monsieur l inspecteur hingegen erfährt nicht erst nach Monaten durch abgelagerte Fax-Meldungen, was seine Kollegen anderswo im Land entdecken. Münchener Tester übersahen im aktuellen Skandalfall monatelang eine konkrete Warnung aus Mannheim. Das sagt zumindest der Chef des zuständigen Mannheimer "Fachbereichs Sicherheit und Ordnung" (Ordnungsamt), Klaus Eberle.

Andere Europäer sind noch genauer als die Franzosen. Die niederländischen Ämter überprüften 2004 sogar zwölfmal so häufig wie die deutschen, ob mit den Lebensmitteln alles in Ordnung war, so eine Studie der deutschen "Verbraucherzentrale Bundesverband". Italiens Fleisch-Wächter fühlen sich zumindest dem Anspruch nach für alles zuständig. Darunter fallen auch Exporte von Italien in andere EU-Staaten. Eine Ausfuhrkontrolle können die deutschen Bundesländer- und Bezirkstester kaum gewährleisten. Der italienische "Nationale Gesundheitsdienst" (S.S.N.) überwacht mit seinen Veterinärdiensten für Fleisch und Milch theoretisch die ganze Produktionskette von der Aufzucht- bis zur Tiefkühlbox. Trotzdem sind die Zuständigkeiten recht unübersichtlich zwischen Wirtschafts- (Hygiene), Gesundheits- und Landwirtschaftsministerium verteilt. So bemängelt die Verbraucherzentrale Südtirol: "Es gibt in Italien kein unabhängiges Amt, in dem alle Informationen zusammenfließen. Italien ist das einzige Land Europas, das keine einheitliche nationale unabhängige Behörde hat, welche die Kontrollen koordiniert sowie die Gesundheitsrisiken bewertet". Wenigstens gibt es dort kein föderales Ämterwirrwarr.

Eine deutsche Großstadt wie Hamburg erhebt Kontrollen dagegen so dezentral wie möglich. Neben den Bezirksämtern mit je 65 Kontrolleuren fahnden staatliche Verbraucherschützer der Stadt. Dabei ist Hamburg nach Einschätzung von Verbraucherorganisationen vergleichsweise erfolgreich. Die Tester gehen Hinweisen nach, nehmen Stichproben. Wie hoch dabei der Anteil der Tips aus der Bevölkerung ist und mit welcher Wahrscheinlichkeit ein Betrieb mit Kontrollen rechnen muß, darüber wisse man nichts zu sagen, so Hartmut Stienen, Pressesprecher der "Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz" in Hamburg. Darüber wie hoch das Risiko einzuschätzen ist, mit schlechtem Fleisch ertappt zu werden, sprich über die Kontrolldichte, macht sich die Behörde wenig Gedanken. Je nach Risiko werde eben nachgeschaut.

Im ländlichen Raum dagegen sind die Landkreise in der Kontroll-Pflicht. Gelernte Fleischer im Dienst der Kreise prüfen ihnen bekannte Firmen. Sie wissen, wo sie hinschauen müssen, sind aber oft mit den Prüflingen per Du, wissen um die persönlichen Folgen von Mängeln. Kumpanei ohne interne behördliche Aufsicht, die lähmt und wie zur Korruption verleitet. Die strikte Trennung der Kontrolleure in Veterinäre, die Fleisch prüfen, und Beamte der Ordnungsämter, die den Zustand eines Betriebes begutachten, erleichtert nicht die Arbeit. "Bei der Lebensmittelüberwachung der Länder gibt es von Bundesland zu Bundesland gravierende Unterschiede beispielsweise bei Kontrolldichte und Personalausstattung", so die "Verbraucherzentrale Bundesverband". Höchste Zeit für die beschlossenen einheitlichen Kontrollen.
 
     
     
 
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