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Als die HJ Staatsjugend wurde

 
     
 
Das Gesetz über die Hitlerjugend vom 1. Dezember 1936 verstaatlichte im Deutschen Reich das Jugendleben. Paragraph 1 lautete: "Die gesamte deutsche Jugend innerhalb des Reichsgebietes ist in der Hitlerjugend zusammengefaßt." Abweichler wurden so in die Illegalität gedrängt.

Reichsjugendführer Baldur von Schirach hatte schon 1933 zu erkennen gegeben, daß die Nationalsozialist
en nichts anderes wollten als eine Einheitsorganisation der deutschen Jugend. Ein Dachverband der deutschen Jugend mit eigenen Säulen (HJ, evangelische Jugend, katholische Jugend, bündische Jugend, Sportjugend) oder beispielsweise eine korporative Überführung der katholischen Jugendverbände in die HJ (mit relativ eigenständigem Weiterleben) waren für die Nationalsozialisten abwegige Vorstellungen, überhaupt nicht mehr zeitgemäß. In der nationalen Euphorie des Jahres 1933 gliederten sich die evangelischen Jugendverbände in die HJ ein, auch große Teile der bündischen Jugend traten zur HJ über. Die marxistisch orientierte Arbeiterjugend war verboten und aufgelöst worden. Die katholischen Jugendverbände glaubten sich durch das Reichkonkordat des Sommers 1933 geschützt, mußten aber erleben, wie NSDAP und HJ systematisch auf die Zerstörung der organisierten katholischen Jugend hinarbeiteten.

Den Niedergang der katholischen Jugendverbände leitete eine preußische Polizeiverordnung vom 23. Juli 1935 ein, welche die bisherigen Repressivmaßnahmen und Verbote noch einmal verschärfte und schnell auf das ganze Reich ausgedehnt wurde. Das dann Ende 1936 folgende Gesetz über die Hitlerjugend war als Abrundung gedacht. Legal war katholische Jugendarbeit nach NS-Auffassung nun nur noch als Versammlung junger Betschwestern und frömmelnder Jungen und Jungmänner, aus der Öffentlichkeit verdrängt und beschränkt auf Kirche und Sakristei.

Am 25. März 1939 kam eine Durchführungsverordnung zum HJ-Gesetz heraus, wonach diejenigen, die ihren HJ-Dienstpflichten nicht nachkamen, von der Polizei zu diesem gesetzlichen Dienst gezwungen werden konnten. Die ganz Unentwegten, die noch außerhalb der HJ ein freies Jugendleben - sei es nach konfessionellen oder nichtkonfessionellen bündischen Traditionen - gestalten wollten, mußten dies nun heimlich tun und nahmen die Gefahr der Kriminalisierung auf sich, denn: "Jugend will sich frei gestalten, / Steht in Ehren für das Reich." (Georg Thurmair)

Dieser Minderheit standen die Millionen Altersgenossen gegenüber, die das Staatsmonopol auf Gestaltung des Jugendlebens hinnahmen oder sogar begrüßten, denn sie erlebten in der Hitlerjugend ja keineswegs nur Drill und ideologische Verführung. Sie konnten der Hitlerjugend positive Seiten abgewinnen, da diese zahlreiche beliebte Elemente der damaligen Jugendkultur - wenn auch gefiltert und oft abgewandelt - übernahm. So lautete etwa der Titel eines belieben HJ-Liederbuches: "Uns geht die Sonne nicht unter" (Refrain des aus der Wandervogel-Bewegung stammenden Liedes "Wilde Gesellen, vom Sturmwind durchweht"); besser ließe sich jugendlicher Optimismus kaum ausdrücken. (Manfred Müller)
 
     
     
 
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