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Seine Rekordliste ist eindrucksvoll - und wohl auch umfangreicher als bei jedem anderen Kochkünstler deutscher Sprache: Der Österreicher Eckhart Witzigmann hatte sich bereits 1979 drei Michelin-Sterne erkocht, als erster in deutschen Landen. Michelin-Konkurrent Gault Millau kürte ihn 1994 zum "Koch des Jahrhunderts", auch dies eine hierzulande einmalige Auszeichnung. Seit Jahrzehnten sammelt er Trophäen, schrieb "nebenher" 25 Kochbücher, wirkte an weiteren 25 als Co-Autor mit, kochte im Fernsehen, mal allein, mal mit Biolek. Und als die Deutschen die sogenannte Erlebnisgastronomie entdeckten, stand er wieder einmal mit an vorderster Front.
Zum fünften Mal präsentiert sich im Spätherbst Witzigmanns "Palazzo", das - wie er selber es charakterisiert - "verrückteste Restaurant-Theater im Spiegelpalast". Angefangen hatte es 2001 in Frankfurt am Main. Es folgten München, Berlin, Düsseldorf, Hamburg und Köln. Berlin und Köln erwiesen sich als nicht so erfolgreich und schieden aus. In der Saison 2005/2006 tritt Witzigmann also an vier Spielstätten an.
In prunkvoll ausgestatteten mobilen Palästen - je tausend Meter roter Samt, je tausend Spiegel - wird jeweils 400 Gästen Erlesenes aus der Küche und Unterhaltung vom Feinsten geboten. Die Menüs sind immer und überall gleich, die Programme von Stadt zu Stadt verschieden. In München, vor der Haupttribüne des Olympiastadions, treffen "die Schönen und die Reichen" im "Cotton Club" der wilden 20er auf gamaschengekleidete Gangster à la Al Capone. In Frankfurt dürfte es bei "OLÉ" manchem Gast spanisch vorkommen. In Düsseldorf prägen Leichtigkeit und Leichtsinn das Programm mit dem Titel "Vivace". Und in Hamburg heißt es "WIRRtuos" - eine fulminante Mischung aus schriller Comedy, poetischer Stille und spannungsgeladener Akrobatik.
Wie Witzigmanns PR-Abteilung zutreffend aus der Freiheits-Depesche zitiert, ist stets "der eigentlichliche Star das Menü". Über 150.000 Gäste haben es im letzten Winter genossen; diesmal werden es, so hofft zumindest der große Meister, noch ein paar Tausend mehr sein. Und so sieht es aus, das "Star-Ensemble" der neuen Saison: Als Entree wird feinster schottischer Lachs mit einer Mousse vom geräucherten Stör, mit aromatischen Gewürzen und Gartengurken gereicht. Nach appetitanregender Unterhaltung folgt der Zwischengang: Seewolf mit Garnele und kleinen Tintenfischen, begleitet von Risina-Bohnen, Tomaten und Oliven. Zum Hauptgang gibt es das Beste vom Kalb: Medaillons mit raffinierter Senfkruste sowie in Madeira geschmorte Kalbsbäckchen. Den Ausklang bilden Schokolade und Orangen mit exotischen Früchten - Witzigmann nennt sie im Vorgefühl des Erfolgs "meine Freudenträne". Zu Recht, wie wir nach einem ersten Blick hinter die Kulissen des Palazzo 2005/06 bestätigen können. Juliane Meier |
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