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Antriebe

 
     
 
Während wenige Tage vor dem 3. Oktober die nachdenklicheren Deutschen in sich gehe und bei allen noch immer völlig ungelösten Problemen doch ein starkes Gefühl de Genugtuung gegenüber jenen Kräften empfinden, die uns nicht einmal die Vereinigung mi Mitteldeutschland zugestehen wollten, schlagen sich die selbsternannten Ritter de "Einheit", Schäuble und Kohl, mit inbrünstigem Haß ihre politischen Ohrfeige lautstark mitten ins Gesicht. Während Schäuble ausgerechnet bei der Illustrierte "Stern" andockt, unter der Regie des Ex-NS-Propagandisten Henri Nannen dick Breitseiten aus hinlänglich einsichtigen Gründen gegen die CDU abfeuern mußte, wil Kohl erst nach Ablauf der Einheitsfeierlichkeiten tätig werden. Steht der Kampf diese Parteimatadore symbolträchtig für die noch keineswegs abgeschlossene Einheit de Deutschen, oder stiftet sie nur ein scharf konturiertes Bild für unbarmherzig geführt Kämpfe, wer wie in den Annalen deutscher Geschichte auftauchen möchte?

Dem Historiker Kohl, der noch vor Abschluß des Examens an der Parteiarbeit Gefalle fand und deswegen auf ergänzende Zuarbeit angewiesen war, scheint dennoch an eine glänzenden Selbstdarstellung
gelegen zu sein. Freilich scheint er darüber de Honecker-Besuch in Bonn vergessen zu haben, wie auch seinen ersten Besuch als Kanzler in Dresden, wo er sich erst durch ihn begleitende Fachleute angesichts der überschäumende Einheitsforderung der Sachsen auf die Weichenstellung festlegen ließ. Gleichwohl bemüh er nun im Herbst 2000 in der "Welt am Sonntag" das "christlich Abendland" und die europäische Tradition.

Dabei besaß Kohl wie andere Bonner Politiker auch längst Kenntnis über die Bankrotterklärung des Politbüros der SED von 1974, die nur mit einer grundgesetzlic gebotenen aktiven westdeutschen Vereinigungspolitik beantwortet werden konnte. Doc bekanntlich gab es statt dessen immer umfangreichere Zahlungen an das bankrott SED-Regime, die schließlich in den Milliardenkredit des Franz Strauß einmündeten, de dem Vernehmen nach sogar noch dafür die Vermittlungssumme einheimsen durfte. Wenn heut schon über die Verlegung des Feiertages auf den 17. Juni oder auf den 9. Novembe nachgedacht wird, so folgt dies dem Unmut weiter Teile unseres Volkes, das mitunte vielleicht nicht im Detail die vielfältig kaschierten Winkelzüge und propagandistische Volten der Parteien nachvollziehen kann, aber doch ein sicheres Gespür für Wahrhei besitzt.

Wolfgang Schäuble, der wie Kohl im Sumpf von Parteispenden landete und deshalb besse geschwiegen hätte, bringt nun ein gegen den Ex-Kanzler scharf munitioniertes Buc "Mitten im Leben" in Stellung. Der vielfältig deutbare Titel entstammt eine alten Kirchenlied und lautet vollständig "Mitten im Leben sind wir vom Tod umfangen". Er charakterisiert neben dieser mahnenden Lebensweisheit seit de Deutschen Befreiungskriegen die sprichwörtlich gewordene unsichere und unzuverlässig Haltung Frankreichs gegenüber Deutschland. Ob Schäuble damit besonders den frankophile Kohl treffen wollte oder ob es eine Anspielung auf sein seelisch schwer überstandene Attentat sein soll, muß abgewartet werden. Gemunkelt wird immerhin längst, daß jenseit der Parteien seit längerem Washington weit vor Paris rangiert.

Kohl dürfte sich weniger auf Schäubles Buchargumente einlassen, sondern neu Schlachtfelder wählen, die einen Schwaben in Nöte bringen: die SBZ-Enteignungen von 194 bis 1949. Hier folgte Schäuble willig einer Empfehlung des SED-Genossen Modrow, de – ganz Klassenkämpfer – meinte, die drohende Krise politisch nutzen zu können Während Schäuble und Finanzminister Waigel vermeinten, die Kosten der Einheit nicht nu aus den Einkünften der beschlagnahmten Ländereien begleichen zu können, sondern auc die Hoffnung hegten, eine ganze Führungsschicht mattsetzen zu können.

Denn abgesehen vom Verfassungsbruch in der Eigentumsfrage krankt Mitteldeutschland bi heute daran, daß ihm der gehobene Mittelstand fehlt. Der aber rekrutierte sic bekanntlich teilweise aus der vormaligen preußischen Führungsschicht. In ihrer Ablehnun dieser Schicht waren sich Kohl und Schäuble aufgrund ihres politische Selbstverständnisses einig – damals!

Jetzt aber will Kohl sich offenbar selbst überwinden, was für den kundige Psychologen sicher vielfältigste Aufschlüsse über die Ursachen seelischer Antrieb gibt, dem Chronisten aber Hoffnung, daß sich der noch ausstehenden Einheit auf Daue keiner widersetzen kann, gleichgültig aus welchen Gründen letztlich die daz hintreibenden Impulse erfolgen
 
     
     
 
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