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Von den alten ostdeutschen Sportfliegern, die alle schon wenigstens Mitte 70 sind, fanden sich beim letzten Treffen leider nur elf Kameraden, dazu meist Begleiter und Begleiterinnen, zum alljährlichen Treffen auf der Wasserkuppe in der Rhön zusammen. Die enge Verbindung zwischen der Rhön und Ostdeutschland in fliegerischer Hinsicht geht auf die schon 1924 gegründete Rhön-Rossitten-Gesellschaft zurück. Die Freude einander wieder zu treffen war groß, aber auch das Bedauern, daß viele durch Alter, schwere Erkrankung , Unfälle und dergleichen nicht anreisen konnten.
Sonnabend ließen sie sich das wohl größte und bedeutendste Segelflugzeugwerk der Welt "Alexander Schleicher" in Poppenhausen in der Rhön und die neuesten Produkte und Fertigungsmethoden zeigen. Welch eine Entwicklung hat die Segelflugwelt seit den ostdeutschen Tagen genommen! Nun, etliche haben sie bis in die Jetztzeit fliegerisch miterleben können und sind bis vor Kurzem auch mit modernsten Flugzeugen geflogen und haben höchste segelfliegerische Auszeichnungen erworben: Silber-C, Gold-C mit Diamanten. Anschließend besichtigte die Gruppe Fladungen und den alten theaterorientierten Herzogssitz Meiningen.
Der Samstagabend diente zunächst der Aussprache über sozusagen offizielle Angelegenheiten der losen Gemeinschaft.
Alle teilnehmenden ostdeutschen Segelflieger waren im Zweiten Weltkrieg Kriegsteilnehmer. Der eine als Jagdflieger, der andere als Lastenseglerpilot, als Fallschirmjäger, bei Spezialausbildungen und -einsätzen oder auf andere Weise. Verwundungen, Gefangenschaft, das schwere Schicksal der ostdeutschen Familien bis hin zur Vertreibung gaben neben glückhaften Segelfliegererinnerungen viel Gesprächsstoff. Glück und Tragik standen manchmal dicht nebeneinander. Zur Sprache kamen Erinnerungsstätten in der jetzt von Polen, Rußland und Litauen verwalteten Heimat, die Unterstützung einer polnischen Frau in Heilsberg, die das Grab des international weltweit anerkannten Segelflugpioniers Ferdinand Schulz vorbildlich pflegt. Man beschloß die Schaffung eines neuen Logos und die Namensänderung in "Traditionsgemeinschaft Ostdeutschlandflieger". Beraten wurde auch über die Zusammenarbeit mit der Pilotenvereinigung Wasserkuppe sowie einigen ostdeutschen Kultur-, Museum- und Archiveinrichtungen und die spätere Abgabe der Archivalien, wenn unsere Kräfte als Zeitzeugen zu Ende gehen. Auch Vorschläge zu gemeinsamen Heimatbesuchen fehlten nicht.
Höhepunkt des Abends war der vom Memeler Kameraden Viktor Kittel vorgeführte Video-Film über seinen Aufenthalt auf der Segelfliegerfarm Bitterwasser im afrikanischen Namibia (früher Deutsch-Südwest) 1987. Noch mit 64 Jahren machte er beachtliche Höhen- und Streckenflüge und erflog sich den Zielstreckendiamanten zur Gold-C. Der dortigen Tradition entsprechend, pflanzte er für diese Leistung eine Palme, die ein Schild mit dem Pilotennamen, Tag und der Flugleistung trägt. Inzwischen ist die Palme prächtig gewachsen.
Am Sonntag gedachte man in der Ehrenhalle des Lilienthal-Hauses der gefallenen und gestorbenen Kameraden. Beim anschließenden Besuch des Oldtimer Segelflug Clubs Was- serkuppe zeigte der dort aktive Josef Kurz den Neubau der Oldtimer in der vertrauten Holzbauweise. Nahezu alle Arbeiten haben die ostdeutschen Segelflieger in ihren Jugendjahren selbst verrichtet und viele Stunden in der Werkstatt verbracht. Sie sahen aber auch die vom Oldtimer-Club fertig gebauten, flugerprobten, alten Maschinen wie zum Beispiel Schulgleiter, Grunau-Baby, Rhönbussard, Reiher, Flamingo. Und so erfaßte die fliegerische Vergangenheit alle wieder. Für die meisten begann dann die oft hunderte Kilometer lange Heimfahrt. Doch einzelne konnten der Verlockung des herrlichen Thermikwetters nicht widerstehen und machten noch einen Segel- oder Motorflug über die wunderschöne Rhönlandschaft.
Alle drei Tage des Zusammenseins waren erfüllt von Gesprächen und dem Zeigen alter und neuer Bilder, Bücher und Artikel. Die Kameraden freuen sich auf das Treffen im nächsten Jahr, das wie immer am Wochenende nach Pfingsten auf der Wasserkuppe stattfindet. Vielleicht finden noch einige "neue" alte Fliegerkameraden den Weg dorthin. F. G. John
Die "Leichtigkeit" des Fliegens: Ein modernes Segelflugzeug (Doppelsitzer) mit dem heute ausgebildet wird. |
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