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Also ich möchte wirklich gern wissen, wie Hermann Löns, der Heidedichter, das gemacht hat! Ich bin auch in die Heide gefahren, nicht um Gedichte am laufenden Band, sondern um nur eine einzige Heidegeschichte zu schreiben. Möglichst eine heitere. Mitten ins Heidekraut habe ich mich fallen lassen - die Muse erwartend mit ihrem erlösenden Kuß ...
Sie ist schon etwas Herrliches, diese stille, flimmernde Einsamkeit. Im ersten Augenblick ist sie geradezu unheimlich wunderbar. Ich habe liniiertes Papier mit, und einen gespitzten Bleistift. Ich will - wie gesagt - eine heitere Heidegeschichte schreiben. Aber keine am Schreibtisch erdachte. Löns hat seine "Heidebilder" auch nicht zu Hause geschrieben. Das wundert mich eigentlich.
Entweder war Hermann Löns der dickfelligste aller Dichter, oder die Heide war seinerzeit noch nicht, was sie heute ist. Ich habe folgendes festgestellt: Sie gaukelt Friede und Eintracht vor, aber aus dem Hinterhalt geht sie partisan auf uns los. Vielleicht ist es ein Naturgesetz, daß selbst die Heide nicht zurückstehen will angesichts der allgemeinen Verschwörung, die sich gegen alles Menschliche richtet.
Um es kurz zu machen: Statt der Muse mit Kuß kam zuerst einmal eine blinde Fliege mit Stachel. Ich bezweifle sehr, daß blinde Fliegen wirklich blind sind. Wie hätte sie mich, wäre sie blind gewesen, wohl finden sollen? Sicher sagt man nur "blinde Fliegen", weil sie sich in geradezu "blinder Wut" auf ihre Opfer stürzen.
Und dann kamen Hunderte von winzigen, elektrisierenden Kleinstlebewesen durch meine Sommerschlußverkaufshose zu mir heraufmarschiert. Ein ganzes Heer! Kein stehendes, o nein! Ausgerüstet, wie mir schien, mit Flammenwerfern und Tränengas - Ameisen, ein Heer von Ameisen! Auch Hermann Löns hat ihre Regsamkeit besungen, oft genug. Aber er scheint diese Biester geliebt zu haben.
Nach gründlicher Entameisung suchte ich mir ein anderes Plätzchen. Einen Baumstumpf. Ich setzte mich und wollte gerade damit anfangen, meine Geschichte zu schreiben ...
Ich kann heute noch nicht sagen, ob es eine Kreuzotter, eine Ringelnatter oder nur eine Kobra gewesen war. Sie lag einfach da und lächelte mich an. Wahrscheinlich wollte sie mich nur töten, vielleicht begehrte sie mich aber auch mit Stumpf und Stiel zum Frühstück.
Natürlich suchte ich mir noch einmal einen anderen Platz. Es ist ja überall in der Heide gleich schön und idyllisch. Ich streckte mich der Länge nach ins Gras, und wenn ich die Augen aufschlug, sah ich die Cirrocumuli-Wolken am Himmel und die Wipfel zweier Birkenbäume.
Auf die Muse wartend, entschlummerte ich sanft, und als ich erneut die Augen aufschlug, waren es wohl immer noch Schäfchenwolken, die ich über mir dahinziehen sah, aber es waren gewiß keine Cirrocumuli.
Nein, natürlich nicht! Es waren viel Sand und Staub aufwirbelnde Heidschnucken. Schafe - vierhundertdreiunddreißig an der Zahl, schätzte ich. Eine ganze Herde!
Und dann bemerkte mich auch der aufmerksame Herr Schäferhund und zerriß mir meine Sommerschlußverkaufshose.
Später, die Muse war noch immer nicht dagewesen, fiel ich einem Schwarm Mücken zum Opfer. Sie stachen munter drauflos, als hätten sie nur auf mich gewartet. Ich hatte bereits mehr als zwei Dutzend Stiche - allein an meinen Armen - registriert, als ich eine Idee hatte. Nicht die Geschichte betreffend, die ich schreiben wollte, sondern bezüglich der Mückenabwehr!
Ich steckte mir eine Zigarette an, obschon ich mir unbedingt das Rauchen abgewöhnen wollte. Diesen ekelhaften Tabakgeruch mögen Mücken nämlich nicht, hatte ich irgendwann einmal gelesen.
Doch was geschah? Vor mir stand der Herr Waldhüter mit einem bereits vorgedruckten Strafzettel! Wegen unerlaubten Entzündens ... und so weiter ... zahlbar innerhalb von vier Wochen ... Also ich möchte wirklich gern wissen, wie Hermann Löns, der Heidedichter, der übrigens aus Westpreußen stammte, das gemacht hat.
Herbert Guttmann: Heuernte in Gilge. Dieses zauberhafte Motiv ziert das Titelblatt und das Oktoberblatt des neuen Kalenders "Ostdeutschland und seine Maler" aus dem Schwarze Kunstverlag. Auch für das Jahr 2004 hat die Kulturabteilung der Freundeskreis Ostdeutschland wieder eine Reihe anschaulicher Abbildungen gefunden, die zeigen, wie Künstler das Land Ostdeutschland und seine Menschen sahen - und sehen. Der aus Memel stammende Guttmann (1907-1978) ist neben Carl Knauf, von dem eine besonders interessante Innenansicht eines Niddener Fischerhauses gezeigt wird, Norbert Dolezich, Fritz Burmann, Erich Gindler oder Lieselotte Plangger-Popp und vielen anderen mit einem Beispiel aus seinem Schaffen vertreten. Der Kalender "Ostdeutschland und seine Maler" auf das Jahr 2004 kann noch bis zum 30. September zum Vorzugspreis von 18 Euro inklusive Versandkosten (später 20,50 Euro) direkt beim Schwarze Kunstverlag, Richard-Strauß- Allee 35, 42289 Wuppertal, Telefon 02 02 / 62 20 05/06, Fax: 02 02 / 6 36 31, bestellt werden. |
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