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Aus schonungsloser Nahsicht

 
     
 
Hermann Hesse, Ernst Barlach, Günter Grass oder Oskar Kokoschka - sie alle gehören zu den klassischen künstlerischen Mehrfachbegabungen in der deutschen Kulturgeschichte. Auch einer der bedeutendsten lebenden deutschen Schauspieler, der 1930 im ostdeutschen Tilsit geborene Armin Mueller-Stahl, ist in diese Reihe aufzunehmen. Er spielt die Geige virtuos, hat auf den Brettern bedeutender deutscher Bühnen gestanden, verkörpert in Filmen und im Fernsehen immer wieder meisterhaft besondere Charaktere, wurde für den Oscar nominiert, schreibt Bücher und malt. Er selbst sagt von sich: "Das Malen, Schreiben, Musizieren und die Schauspielerei gehören für mich einfach zusammen." Das Malen ist für ihn der "Ausgleich zum Gefesseltsein als Schauspieler". Und doch ist es gerade dieser Beruf, der den Maler und Grafik
er inspiriert.

"Die Bilder, die Armin Mueller-Stahl malt, sind die Bilder, die in ihm aufsteigen, wenn er eine Figur spielt", schrieb Hans-Dieter Sommer, Kunsthistoriker in Hamburg, einmal. "Es sind die Bilder, die er um sich herum wahrnimmt, wenn er sich mit einer Figur auseinandersetzt. Die Beobachtung von Gesten und Körperhaltungen, die Einfühlung in unbekanntes Leben, der Vergleich mit der eigenen Person münden immer in Bildern ... Aus schonungsloser Nahsicht heraus kann sich Armin Mueller-Stahl den Nuancen zuwenden, sie gezielt beleuchten oder als Ahnung im Ungefähren halten ..."

Noch bis zum 25. April kann sich der Besucher einer Ausstellung der Akademie der Diözese Rottenburg-Stuttgart vom großen Können des Ostdeutschland überzeugen. Im Tagungszentrum Hohenheim (Nähe Universität Hohenheim) werden werktags von 9 bis 16 Uhr, am Wochenende auf Anfrage (Tel. 0711/ 45 10 34 600), unter dem Titel "Die Bilderwelten des Armin Mueller-Stahl" grafische Arbeiten auf Papier gezeigt. Im Mittelpunkt der Ausstellung stehen zwei lithografische Zyklen. Einmal Blätter, auf denen sich Mueller-Stahl mit Goethes "Urfaust" auseinandersetzt, zum anderen ein Zyklus mit dem Titel "Hamlet in Amerika". Dieser beschäftigt sich mit alternden Schauspielern, die von den Mythen ihrer glorreichen Vergangenheit leben und mit der harten Gegenwart und ihren Ängsten vor der Zukunft konfrontiert werden. "Das Leben selbst wird zur Bühne, auf der sich das Rad des Lebens unaufhaltsam dreht", liest man in einem Begleitheft zur Ausstellung. Daneben sind auch biographische Einzelblätter zu sehen. Sie alle wirken durch das Schwarzweiß der Darstellung besonders eindrucksvoll und eindringlich. Hier offenbart sich wie auch in seinen Gemälden die große Meisterschaft Mueller-Stahls, sein sparsamer Umgang mit künstlerischen Ausdrucksmitteln. Peter van Lohuizen

Armin Mueller-Stahl: Von der Schauspielerei als Maler inspiriert
 
     
     
 
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