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Jedes zweite Unternehmen in Deutschland beschäftigt keine Arbeitnehmer mehr im Alter von über 50 Jahren. Statt auf erfahrene ältere Manager baut man aus Gründen der Innovation und Kostenersparnis vermehrt auf den Führungsnachwuchs. Dabei wird stets ver- gessen, daß der Firma damit auch ein Großteil an Erfahrungen und Kenntnissen verlorengeht. Niemand kennt ein Unternehmen so gut wie jemand, der mit ihm gewachsen ist oder einen Großteil davon aufgebaut hat - und niemand kann dieses Wissen weitergeben. Wie es Unternehmen ergehen könnte, die auf die Kompetenz älterer Manager verzichten, ist seit geraumer Zeit in vielen Betriebe n zu beobachten: Entweder sind sie extrem angeschlagen oder völlig vom Markt verschwunden. Der Einbruch der New Economy hängt auch mit der mangelhaften Marktkompetenz von jungen Firmengründern zusammen. Die Ausgrenzung älterer Mitarbeiter ist kurzsichtig und gefährdet die Leistungsfähigkeit der Volkswirtschaft. In der Zukunft wird man sich stärker mit der Verknappung des Humankapitals auseinandersetzen müssen. In den kommenden Jahrzehnten wird die deutsche Gesellschaft stark altern. Arbeitskräfte werden knapp. Da wenige junge Beschäftigte nachwachsen, wird der Anteil der Älteren auf dem Arbeitsmarkt deutlich zunehmen.
Die Problematik der alternden Bevölkerung muß von Unternehmen umfassender in den Blick genommen werden. Hier müsse vor allem bei den Personalverantwortlichen in den Unternehmen ein Umdenken stattfinden. Positionen im gehobenen Management, die für eine eingeschränkte Dauer auf ein bestimmtes Unternehmensziel hin eingerichtet werden (Interim Management), sollte man mit Senior-Managern besetzen. Die Ergebnisse solcher Einsätze werden von den Unternehmen in der Regel als positiv und gewinnbringend bezeichnet, da sie von der Kompetenz profitieren können, die im eigenen Unternehmen nicht mehr vorhanden ist.
Für Vera Bloemer, Autorin des Buches "Interim Management: Top-Kräfte auf Zeit", sollte man Interim Manager nicht nur als "Feuerwehrleute" einsetzen, die Sanierungen umsetzen und kurzfristige personelle Engpässe überbrücken. Das Wissen der "Manager auf Zeit" könne auch für Generationswechsel und Projektmanagement ins Unternehmen geholt werden. Zu lange hätte nach Ansicht von Bloemer das Image gegolten, wer Experten von außen holt, könne seine Probleme nicht eigenständig lösen: "Die aktuellen wirtschaftlichen Entwick-lungen zeigen eine Trendwende weg von den smarten, dynamischen Jungmanagern wieder hin zu gestandenen Profis mit großem Erfahrungsschatz.
Vor allem ältere Manager werden nach Ansicht von Bloemer in Zukunft immer wichtiger werden, wenn es darum geht, leitende Positionen kurzfristig zu besetzen. Das klassische Anforderungsszenario im mittelständischen Betrieb, geleitet von zwei bis drei Köpfen, sieht so aus: Einer dieser Köpfe bricht weg durch Kündigung, Krankheit oder Tod. In einer derartigen Situation muß innerhalb kürzester Zeit eine tragfähige Lösung gefunden werden. Das heißt, große Einarbeitung oder Ausbildung ist nicht möglich. In der Regel muß jemand für einen Zeit-raum von drei bis sechs Monaten gefunden werden, der nach einer relativ kurzen Phase von ein bis zwei Wochen in der Lage ist, einen Geschäftsbereich oder eine Abteilung komplett zu übernehmen. Dies mit einem jungen Manager zu versuchen ist ein schwieriges Unterfangen. Führung bestehe zudem nicht aus dem Auswendiglernen von Managementtechniken, sondern Management und Führung bestehen zu 80 Prozent aus Kommunikation und Umgang mit Menschen.
"Viele gestandene Manager haben den Wunsch, ihr Know-how weiterzugeben. ... Interim Management bietet die Möglichkeit, seine Erfahrung zum Beispiel bei einer Firmenneugründung einzubringen oder Projektmanagement in einem anderen industriellen Umfeld zu übernehmen", führt Bloemer aus.
Allerdings setze dies Veränderungsbereitschaft voraus: Man braucht eine Arbeitsorganisation, die auf Ältere zugeschnitten ist, neue Methoden, die lebenslanges Lernen ermöglichen, neue Formen, um Arbeits- und Qualifikationsphasen miteinander in Einklang zu bringen und um einen gleitenden Übergang vom Erwerbsleben in den Ruhestand zu ermöglichen.
"Wer fünfzigjährige oder ältere Mitarbeiter aus dem Unternehmen drängt, verliert Humankapital." Das werde sich mittelfristig negativ auf das wirtschaftliche Wachstum auswirken. Dieses Wachstum sei abhängig von der Zahl und der Qualität der Menschen. Gunnar Sohn
Vera Bloemer: "Interim Management: Top-Kräfte auf Zeit", Metropolitan Verlag, geb., 192 Seiten, 24,95 Euro |
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