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Das Auswärtige Amt in Berlin will die Diskussion um die weitere Ausbreitung der EU stark im Tempo drosseln und erfindet einen neuen Status für EU-Interessenten: die "Modernisierungspartnerschaft". Angesprochen sind Länder wie Ukraine, Moldawien, Georgien, Armenien und Aserbeidschan, unter bestimmten Voraussetzungen auch Weißrußland. Dafür riskiert Berlin einen "stillen Konflikt" mit der EU-Kommission .
Wenn geschickt aufgespielt wird, sind Zeitpunkt und Methode eines Vorstoßes genauso interessant wie die Absichten selbst. Just in jenen Tagen, in denen die Medien den Start Finnlands in die EU-Präsidentschaft nachzeichnen, plaziert das Außenministerium in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" das Sechs-Punkte-Papier eines Arbeitsstabes, von dem "Außenminister Steinmeier Kenntnis habe", so heißt es. Damit ist gesagt, daß die nationale und internationale Reaktion auf diplomatisch niedrigem Rang getestet werden kann.
Der Zeitpunkt der Ankündigung setzt das Ausrufungszeichen: Einerseits wird Deutschland im Januar die Führung der EU von Finnland übernehmen, zum anderen sind sechs Monate Präsidentschaft zu kurz für große außenpolitische Entwürfe. Deswegen beginnt die Diskussion jetzt schon in der künstlich, aber geschickt verlängerten Amtszeit: Es ist Berlin ernst.
Nicht mehr übersehen wird inzwischen auch in Berlin, daß mit der siebten Erweiterungsrunde um Rumänien und Bulgarien das Verständnis der EU-Bürger gänzlich überfordert ist, von der Türkei oder Kroatien ganz zu schweigen.
Andererseits wollen die Europäer nicht mit ansehen, wie Rußland und die USA in Osteuropa und im Kaukasus heftig und erfolgreich um Einfluß konkurrieren. Diese Staaten sind geostrategisch von großer Bedeutung für Militärbasen der Supermächte. Mehr noch: Die kaukasischen Länder spielen bei der künftigen Energieversorgung eine wichtige Rolle, als Förderstaaten oder als Durchleitungsländer. Die europäischen Interessen werden bei dem Bestreben, sich aus der Abhängigkeit von Öl- und Gasquellen am Persischen Golf zu lösen, bisher übergangen.
Der Plan aus dem Berliner Außenministerium bietet den "Partnerschaftsstaaten" Hilfen bei der Entwicklung zu wirtschaftlicher und politischer Stabilität an, honoriert einen entschlossenen Wandel zur Demokratie und will Perspektiven auf wachsenden Wohlstand schaffen. Zugleich durchkreuzen die Planer Steinmeiers für lange Zeit alle Beitrittspläne dieser Staaten. Die EU soll vor weiteren untragbaren Belastungen geschützt bleiben.
Aus dem Außenministerium heißt es unverblümt, die Pläne "stünden durchaus in Konkurrenz zu den Vorstellungen der EU-Kommission". Das soll heißen: Während Brüssel auf seinen Erweiterungsdrang fixiert ist, organisiert das Steinmeier-Ministerium eine breite Mehrheit gegen die nächsten Stufen der Osterweiterung. |
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