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Seitdem der Beitritt Polens und der baltischen Staaten zur Europäischen Union beschlossene Sache zu sein scheint, machen sich immer mehr EU-Mitgliedsstaaten Gedanken über die dadurch entstehende "Insel" des Königsberger Gebiet
s. Kürzlich wurde zu diesem Thema ein Report in Auftrag gegeben von dem in Finnland ansässigen "Friedensinstitut der Åland-Inseln", der der Frage nachgeht, inwieweit die EU die so entstehende russische Exklave in Zukunft behandeln solle.

Der Finne Pertti Joenniemi vom Kopenhagener Friedensforschungsinstitut präsentierte jetzt diesen Report bei der EU in Brüssel. Bei der Vorstellung betonte Joenniemi, daß die relative Isolation des Königsberger Gebiets in den letzten Jahren ein Problem darstelle, das sich nicht einfach werde lösen lassen: "Königsberg ist sehr reich an Problemen, es ist zur Zeit eine sich rückwärts entwickelnde Region. Betrachtet vom Standpunkt der EU, ist eines der größten Probleme, daß es dort keine sichere politische Führung gibt, die das Königsberger Gebiet aus der Krise führen könnte. Es gibt ständige Auseinandersetzungen zwischen dem Gebietsgouverneur und der Opposition der Gebietsduma, und das scheint jeden Fortschritt dort kaputt zu machen."

Königsbergs Probleme sind mannigfaltig. Joenniemi nennt Korruption, Schmuggel, Drogenhandel als endemisch in der Region. Zusätzlich vermehre sich im Gebiet auch noch die Krankheit Aids explosionsartig.

Dieses, so der Report, sei vor allem das Ergebnis jahrelanger Vernachlässigung durch die Moskauer Zentralregierung. Im Jahre 1991 wurde in Königsberg zwar eine Freihandelszone eingerichtet, aber wegen der dürftigen Ausgangslage und der nicht wettbewerbsfähigen Wirtschaft blieb Königsberg mehr und mehr auf Importe angewiesen. Königsbergs erster postsowjetischer Gouverneur, Jurij Matotschkin, versuchte zwar, eine Wirtschaftsreform anzukurbeln und das Gebiet für andere Länder der Region zu öffnen, doch war dem kein Erfolg beschieden.

Der derzeitige Gouverneur, Leonid Gorbenko, habe, so Joenniemi, einen im wesentlichen isolationistischen Kurs gefahren. Er habe keinerlei Schritte unternommen, um dringend benötigte wirtschaftliche Strukturreformen einzuleiten. Direkte Auslandsinvestitionen im Königsberger Gebiet, obwohl etwas höher als im russischen Durchschnitt (umgerechnet 140 Mark pro Kopf in Königsberg, verglichen mit etwa 125 Mark in Gesamtrußland) seien noch immer wesentlich niedriger als in den benachbarten baltischen Staaten (umgerechnet etwa 1130 Mark in Litauen für 1999).

Joenniemi stellte fest, die EU habe bisher das Königsberger Gebiet als der Union außenstehend betrachtet. Polen und Litauen hätten auf die EU-Anforderungen als Beitrittskandidaten mit der Verschärfung ihrer Visums- und Handelspolitik gegenüber dem Königsberger Gebiet reagiert. Der Joenniemi-Report warnt jedoch die EU vor einer Isolation des Gebiets. Gleichgültigkeit könne das Königsberger Gebiet in eine Abseitsposition bringen und damit zu einer Quelle der Instabilität werden lassen. Um dieses zu vermeiden, müsse man, so Joenniemi, von seiten der EU für das Gebiet eine Langzeitstrategie entwickeln.

"Mein Vorschlag ist, daß Königsberg sowohl mit einer kurzfristigen als auch mit einer langfristigen Perspektive versehen sein sollte. Es sollte sich auf lange Sicht der EU annähern, vielleicht sogar die EU-Mitgliedschaft erlangen. Ich meine nicht Rußland als Ganzes, sondern Königsberg separat."

Auf kurze Sicht, so der Report, werde die EU sich überlegen müssen, wie sie Wege finde, um dem Königsberger Gebiet Hilfe zur Entwicklung zukommen zu lassen, das mit den EU-Hilfen, die an Rußland und die GUS-Staaten gingen, abgestimmt werden müßte. Die Grenzpolitik müsse geändert werden, damit Menschen aus dem Königsberger Gebiet leichter sowohl nach Ost wie nach West reisen könnten.

Die Idee, daß das Königsberger Gebiet eines Tages eine engere Bindung an die EU erhalten könnte als Rußland, erhalte immer mehr Zustimmung auch außerhalb akademischer Kreise. Im letzten Jahr, während der EU-Präsidentschaft, habe Finnland ein positiveres Engagement im Königsberger Gebiet befürwortet. Schweden habe versprochen, dasselbe während seiner EU-Präsidentschaft im nächsten Jahr zu tun – und vielleicht sogar noch weiterzugehen. Vor kurzem hat der schwedische Handelsminister Leif Pagrotsky das Thema einer eventuellen EU-Mitgliedschaft für das Königsberger Gebiet in einer führenden schwedischen Tageszeitung aufgegriffen. Schließlich scheint Rußland selbst einer größeren Kooperation zwischen Königsberg und der EU positiv gegenüberzustehen. In einem offiziellen russischen Strategiepapier für die Entwicklung der Beziehungen zwischen Rußland und der EU heißt es, daß, auch wenn Königsberg als Bestandteil von Rußland betrachtet werden müsse, es dennoch eine "Pilot-Region" für die europäisch-russische Zusammenarbeit im 21. Jahrhundert werden könne. WONA
 
     
     
 
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