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Profitabel wie Drogenhandel

 
     
 
Klappern gehört zum touristischen Handwerk und darum dürfen polnische Reiseprospekte die Region Niederschlesien als die attraktivste, schönste, vielgestaltigste und so weiter der Republik Polen rühmen. Sie sind ja auch im Recht - relativ. Polens gesamter Tourismus ist nur Mittelmaß, urteilte 2003 das Warschauer "Institut für Konjunktur und Außenhandelspreise", und mit 208 Qualitätspunkten (von 287 möglichen) ist Niederschlesien Spitzenreiter.

Die Region Dolny Slask entstand am 1. Januar 1999 als eine von jetzt 19 (vorher 49) Woiwodschaften. Mit 19948 Quadratkilometern
ist sie etwas größer als Rheinland-Pfalz, mit knapp drei Millionen Einwohnern so bevölkert wie Schleswig-Holstein. Ihre Umwelt leidet immer noch unter dem Raubbau aus kommunistischer Vergangenheit: Die Schadstoffbelastung ist, trotz der größten Investitionen Polens in Umweltschutz, weiterhin die höchste im Lande, die Arbeitslosigkeit auch. Niederschlesien hat den Tourismus als neue Perspektive entdeckt und sich ins Zeug gelegt: Zwei Nationalparks, zwölf Landschaftsparks, 51 Naturreservate, 2674 Naturdenkmäler, über 400 Schlösser, dazu Burgen, Wehrtürme, zahlreiche Bäder, Festivals und Sanatorien. Aber seine touristischen Einkünfte sind "beunruhigend schwach".

So streng urteilten die Warschauer Konjunkturforscher. Zu streng? Postkommunistische Industriepleiten haben doch ihr ökologisches Gutes - vorüber sind die Zeiten, da sich die Schadstoffemissionen aus Niederschlesien, Nordböhmen und dem Süden der DDR zu einer europäischen Dreckschleuder potenzierten, deren Gift noch in nordfinnischen Seen nachweisbar war. So gesehen, kann die aktuelle Arbeitslosigkeit Niederschlesiens durchaus ein Indikator für kommende Belebung sein.

Wäre da nicht eine neue Belastung von wachsender Schwere, die die Warschauer Wissenschaftler jüngst nannten: "In Dolny Slask wird alles gestohlen, was Gewinn verspricht. Raub von Kunstwerken und Verwüstung historischer Gebäude werden zur größten Bedrohung der touristischen Entwicklung der Region."

Details nannte Anfang Dezember 2006 die Warschauer Wochenzeitung "Wprost": Es fehlt an Aufsicht und Schutz, und so können jede Woche rund 50 Lkw, alle voll mit gestohlenen Kunstwerken, Polen westwärts verlassen, denn "der Diebstahl von Kunstwerken ist so profitabel, daß nur im Waffen- und Drogenhandel noch mehr verdient wird."

Leszek Dobrzyniecki, oberster Denkmalschützer der Provinz, hat über 1000 historische Denkmäler auf seiner Liste, die er nur alle drei, vier Jahre kontrollieren kann und dann oft ausgeraubt findet: Veraltete Gesetze, bestechliche Zöllner, spezialisierte Banden und westliches Desinteresse an der Herkunft von Kunstwerken bewirken, daß Galerien und Auktionen in Westeuropa Kasse machen, während in Niederschlesien "Hunderte Bauwerke zu Ruinen verfallen".

Weder das Warschauer Institut noch die "Wprost" wagen eine eindeutige Schuldzuweisung. Das müssen sie auch nicht, denn das Elend Schlesiens ist bekannt: 1945 wurde es von Polen "wiedergewonnen", die deutschen Bewohner vertrieben, entrechtet oder als "Autochthone" der "Repolonisierung" unterworfen. Dieser Unsinn hörte zwar um 1956 auf, aber bis heute werden alle Schlesier als "nicht richtige Polen" angesehen und verächtlich "Autochtonie" genannt. Denkmalsschützer Dobrzyniecki weiß noch, wie es früher war, als "deutsche" Kunstwerke verstreut und vernichtet wurden, "verlorengingen". Geht damaliges Barbarentum bruchlos weiter, nun "profitabel"?

Foto: Haus im typisch schlesischen Stil: Touristenattraktionen wie diese bringen Besucher und somit Geld.
 
     
     
 
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