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Peter Struck, neuer Verteidigungsminister und Herr zweier Hauptquartiere in Berlin und Bonn, wird sich zunehmend als starker Mann an der Spitze der Armee erweisen, wenn er über die Wahlen zum 15. Deutschen Bundestag hinaus im Amt bleibt. Es sind - wie er sagt - "seine" Soldaten, die über das bisherige Uno-Mandat hinaus in Afghanistan verbleiben sollen, wie bisher allein in der Hauptstadt Kabul. Kommandeure sprechen in aller Regel von "den ihrer Verantwortung anvertrauten Soldaten", der Minister hingegen sagt: "Eine Beteiligung deutscher Soldaten über Kabul hinaus, das ist meinen Soldaten nicht zuzumuten." Dies ist ein feiner Unterschied. Der energische Minister wird sicher lernen müssen, daß der Bundeswehrsoldat ein Soldat des ganzen deutschen Volkes ist und nicht einer Partei oder einem Politiker gehört, so selbstbewußt dieser auch auftreten mag.
Als Zeichen für die miese Stimmung innerhalb der Bundeswehr, die den neuen Minister mit kritischem Blick betrachtet, ist die Aussage des Wehrbeauftragten Willfried Penner zu werten, der im Sommer 2002 im Vergleich zum Vorjahr einen ganz erheblichen Anstieg der Beschwerde n von Soldaten um 43 von Hundert festgestellt hat.
Das ist als Faktum allein schon beachtlich. Bemerkenswert ist dabei, daß die meisten Beschwerden nunmehr von Berufs- und Zeit-soldaten eingelegt wurden (1.102), und dabei 804 von Soldaten, die in Auslandseinsätzen stehen. Bisher kamen die meisten Beschwerden von den Wehrpflichtigen. Es ist zu vermuten, daß die Auslandseinsätze die Soldaten erheblich belasten und sie zugleich bei der Realisierung der Strukturreform erhebliche Probleme haben.
Die Soldaten stehen mitten in der größten Umstrukturierung der Bundeswehr seit 1955 mit einer Vielzahl von Problemen, zum Beispiel Versetzungen mit erheblichen Unsicherheiten bei der persönlichen Lebensplanung der Soldaten. Der Soldat und seine Familie wollen wissen, was sie erwartet, und dies vermag ihnen heute kaum ein Vorgesetzter zu sagen. Die Zustände an der politischen Spitze der Bundeswehr in letzter Zeit sind auch nicht von der Art, daß der Soldat voller Zufriedenheit und voller Vertrauen seinen Dienst leistet.
Vieles, was an der Spitze der Bundeswehr in letzter Zeit geschah und noch geschieht, ist für "unsere" Soldaten unverständlich, und sie nehmen zunehmend kritisch Stellung zu den Vorgängen, die sie persönlich berühren. Kein Minister, auch nicht der neue, kann sie zum Beispiel überzeugen, daß es immer noch eine nach West und Ost getrennte Besoldung des Soldaten gibt. Der Soldat ist kein Beamter. Er ist zur tapferen Verteidigung unseres Landes unter ständigem Einsatz seines Lebens verpflichtet. Das ist etwas anderes als der Dienst in einem städtischen Katasteramt. Der Soldat aus Thüringen ist wie der Soldat aus Baden-Württemberg in die gleiche Pflicht gestellt. Der Unsinn einer unterschiedlichen Besoldung muß beseitigt werden, und zwar sofort. Es gibt kein vernünftiges Argument, das diese unterschiedliche Behandlung "unserer" Soldaten begründet. Die Argumente der Politiker für die Beibehaltung einer unterschiedlichen Besoldung versteht der Bundeswehrsoldat als Ausrede. Sind sie das etwa nicht? Der Soldat erwartet von seinen Vorgesetzten und Politikern ehrliche Antworten. Die militärischen Vorgesetzten haben für eine Änderung keine Macht, der Politiker verfällt in Ausreden. Es geht eben nicht, basta. Was für den Beamten gilt, muß auch der Soldat hinnehmen. Solche Ausreden können schwerlich Vertrauen fördern. So bleibt die Stimmung, wie sie lange ist, miserabe |
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