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Wenn es nach der Union ginge, würde die Reform des Gesundheitswesens zum Thema des nächsten Bundestagswahlkampfes. Die Christdemokraten haben das Modell der Gesundheitsprämie (Kopfpauschale) entwickelt. Davon versprechen sie sich Impulse für den Arbeitsmarkt, weil steigende Gesundheitskosten nicht zu immer weiter steigenden Löhnen führen würden. Jeder Versicherte würde nach dem CDU-Modell einen gleich hohen Beitrag von etwa 180 Euro zu zahlen haben. Der Arbeitgeber kommt nicht mehr zur Hälfte für die Krankenkassen beiträge auf. Statt dessen wird dem Versicherten der Betrag von seinem Nettolohn abgezogen. Jeder, ob Arbeitnehmer oder nicht, muß die Prämie zahlen. Also auch die bislang mitversicherten Familienangehörigen.
Hier geht die CSU nicht mit, denn familienfreundlich ist dieses Konzept natürlich nicht gerade. Daß der Streit um das richtige Konzept von anderen machtpolitischen Aspekten überlagert ist, liegt auf der Hand. Dennoch steht die Seehofer-CSU für ein wirklich anderes System, das die Höhe der Krankenversicherungsbeiträge weiterhin an die Höhe des Gehalts knüpft.
Vor diesem Hintergrund stellte CDU-Generalsekretär Laurenz Meyer Anfang dieser Woche bei den "Berliner Gesprächen zum Gesundheitsrecht" das CDU-Modell vor. Dieses von Prof. Helge Sodan, dem Präsidenten des Berliner Verfassungsgerichthofes, geleitete Expertensymposium setzt sich regelmäßig mit den Fragen der Reform des Gesundheitswesens auseinander.
Meyer erinnerte an die wirtschaftliche Misere unter Rot-Grün in Form von Schulden, Arbeitslosigkeit und grassierender Schwarzarbeit: "Es ist allemal egal, ob wir 1,5 oder 1,8 Prozent Wirtschaftswachstum haben, Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt hat ein so niedriges Wachstum auf keinen Fall."
SPD und Grüne wollen dagegen den explodierenden Kosten im Gesundheitsbereich mit der Bürgerversicherung zu Leibe rücken. "Das klingt erst einmal gut", sagt auch Laurenz Meyer. "Daß Beamte, die bislang nicht eingezahlt haben, jetzt auch belastet werden sollen, wird alle Nicht-Beamten freuen. Trotzdem ist die Bürgerversicherung nur ein hilfloser Versuch, den Bürgern noch mehr Geld abzuknöpfen. Das System bezahlbar zu machen, das haben die Genossen nicht im Sinn."
Deswegen wettert Laurenz Meyer fast mehr über die Bürgerversicherung, als daß er die Vorzüge des CDU-Modells lobt. Schenkt man ihm Glauben, dann wird das Thema Gesundheit der Unions-Wahlkampfschlager 2006. Er glaubt das wirklich, obwohl er Sätze sagt wie: "Wir muten den Menschen in Deutschland wirklich gedanklich viel zu." Die Materie ist so kompliziert, daß nur ausgemachte Experten den Unterscheid zwischen Bürgerversicherung und Kopfpauschale erklären können.
Trotzdem glauben er und Merkel, daß sie damit die Bundestagswahl gewinnen können. "Deswegen müssen wir jetzt anderthalb Jahre mit den Menschen sprechen", sagt der CDU-Generalsekretär. Das Argument der Linken und der CSU ist nicht so einfach wegzuwischen: Beim Kopfpauschalen-Modell zahlt die Sekretärin genau so viel wie ihr schwerreicher Chef. Das ist nicht gerecht, weil Menschen, die viel verdienen, auch viel zahlen sollen.
Nun ist es so, daß der Chef mit dem Monatseinkommen von 10.000 Euro ja nach diesem Modell ein höheres Bruttoeinkommen hat, also auch mehr Steuern bezahlt. Insofern ermöglicht auch die Kopfpauschale einen sozialen Ausgleich, das haben Merkel und Meyer sogar ausrechnen lassen. Das Problem ist aber: Welcher Wähler setzt sich mit einer so komplexen Materie auseinander? Und wer hört Laurenz Meyer noch zu, wenn er mit Wortungetümen wie dem "Morbiditätsrisikostrukturausgleich" hantiert?
Es ist eine Jahrhundertreform, die sich die Union vorgenommen hat. "Wir müssen den verhängnisvollen Teufelskreis aus steigenden Arbeitskosten, steigender Arbeitslosigkeit und wieder steigenden Arbeitskosten endlich durchbrechen", lautet das Fazit aus Meyers Vortrag.
Daß selbst bei den Christdemokraten nur die Führungsriege an das Erfolgsmodell "Gesundheitsprämie" glaubt, ist bei den Gesprächen in den Pausen zu hören. Ein Parteifreund von Meyer sagt ganz offen: "Die harten Einschnitte mache ich nach der Wahl, da rede ich doch vor der Wahl nicht darüber."
Der Eifer, mit dem die CDU-Spitze ihr Modell vorträgt, ist schon sehr überraschend. Zumal über die Nachteile des rot-grünen Modells außer Meyer kaum jemand spricht. Wie überhaupt die Fehler von Rot-Grün kaum noch ein Thema sind - mit dem Ergebnis sinkender CDU- und steigender SPD-Umfragewerte.
Die letzte Bundestagswahl entschieden zwei kurze Worte: "Flut" und "Krieg". Auch wenn es sich die CDU-Führung noch so sehr herbeisehnt: Die Wahl 2006 wird nicht mit dem Wort "Morbiditätsrisikostrukturausgleich" gewonnen.
Alles klar? CDU-Generalsekretär Laurenz Meyer bei dem Versuch, die Feinheiten der sogenannten "Kopfpauschale" zu erklären. Foto: Glaser
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