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Der Geist darf nicht hungern

 
     
 
Bielefeld – Die jährlichen Bundestreffen der Kreisgemeinschaften wie auch die Fahrten in die ostdeutsche Heimat gestalten sich in den letzten Jahren immer mehr zu Begegnungen zwischen den damaligen und jetzigen Bewohnern. So war es auch, als vor drei Jahren die Kreisgemeinschaft Gumbinnen in die Patenstadt Bielefeld einlud und u. a. auch eine Vertretung der russischen Stadtbehörde dieser Einladung gefolgt war. Bürgermeister Worobej aus Gumbinnen dankte damals einerseits für die geleistete Hilfe, sagte aber auch sinngemäß, daß es nun an der Zeit sei, den heutigen Bewohnern des Gebietes nicht mehr Fische und Angelgerät zu bringen, sondern ihnen vielmehr zu erklären, wie man selbst Fische fangen kann. Dieses Gleichnis wurde sehr wohl verstanden und beachtet.

Als zu dieser Zeit der ebenfalls nun in Bielefeld beheimatete Salzburger Verein die Salzburger Kirche in Gumbinnen wieder aufbaute und am 31. Oktober 1995 einweihen konnte, war damit eine der wichtigsten Voraussetzungen für künftige Begegnungen geschaffen worden.

Auch eine Veranstalt
ungswoche im Juli des vergangenen Jahres bewies, daß man die Worte des russischen Bürgermeisters richtig interpretierte. So wurde im Sommer des letzten Jahres zu einer Seminar-, Vortrags- und Gesprächswoche in Gumbinnen eingeladen. Angesprochen wurden insbesondere die jetzigen Lehrer in diesem Gebiet, aber auch die ostdeutschen Landsleute, Touristen wie überhaupt jedermann. Eine gewisse Skepsis herrschte schon bei den Organisatoren, da man zu dem ersten Vortrag, der sich mit der Geschichte Gumbinnens befaßte, am Sonntag vormittag in den Kinosaal eingeladen hatte. Auch war bekannt, daß sich die russische Lehrerschaft in den Ferien befand. Doch man war gerade an der Teilnahme dieser Gruppe interessiert, denn von den Lehrern war zu erhoffen, daß sie das erworbene Wissen und die Erkenntnisse an die Kinder und Jugend weitergeben würden.

An diesem Sonntag und an den folgenden Tagen mit weiteren Veranstaltungen ähnlicher Art wurde jedoch nicht nur an der zahlenmäßigen Teilnahme sehr deutlich, daß vor allem die russischen Lehrer mit großem Interesse und unvorstellbarem Wissensdurst dabei waren. Mit Lichtbildern und reichlichem Informationsmaterial konnte so über die Zeit der Stadtgründung Gumbinnens und die Einwanderung der Salzburger gesprochen werden, vor allem aber auch Leben und Werk einer bedeutenden Persönlichkeit aus dem Gumbinner Gebiet herausgestellt werden. Anschließende Busfahrten zu den Wirkungsstätten des Christian Donalitius in Lasdinehlen, Ebenrode (Stallupönen) und Tollmingkehmen waren für alle Beteiligten wertvolle Erfahrungen. Einen Beweis dafür, daß diese Woche nicht nur der Wissensbereicherung diente, vielmehr zur Begegnung, dem persönlichen Kennenlernen und vielseitigen Gesprächen genutzt wurde, erbrachte die überaus herzliche Verabschiedung.

Auf russischer Seite hat man sich inzwischen Gedanken gemacht, wie man das begonnene Vorhaben fortführen kann. So hat sich vorerst ein Literaturzirkel mit dem Ziel gebildet, sich in einen "Donalitius-Verein Gumbinnen" umzuwandeln. In einer ersten Zusammenkunft wurden bereits konkrete Vorstellungen über die Durchführung einer diesjährigen Festwoche im Gebiet Gumbinnen von dieser russischen Interessengemeinschaft erarbeitet. Dabei ist insbesondere für die Tage über Pfingsten daran gedacht, neben dem vorjährigen Teilnehmerkreis weitere Gäste aus Gumbinnen und den umliegenden Dörfern, vor allem aber auch Kinder und Jugendliche einzubeziehen. Ebenso werden auch die Deutsche Gruppe sowie der Salzburger Verein hinzukommen. Außerdem gibt es auch schon Zusagen, daß nach einer gemeinsamen Veranstaltung mit einer starken litauischen Delegation in Tollmingkehmen Mitglieder der litauischen Donelaitis-Gesellschaft an geplanten Begegnungen teilnehmen werden. Wenn auch nur ein sehr kleiner Beitrag, so dürfte das Vorhaben in Gumbinnen doch ein richtiger Schritt in Richtung zum europäischen Haus sein.

 
     
     
 
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