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Ermutigt durch den Wahlsieg der Konservativen in Amerika, ermahnte CSU-Generalsekretär Söder die Union, auch Deutschland brauche eine Wertedebatte. Sehr gut, dann kann die CDU ja Martin Hohmann, einen Repräsentanten ihres wertkonservativen und katholischen Flügels, gleich wieder aufnehmen.
Die Werte liegen in Deutschland in der Tat im argen. Nur vier Tage bevor die Amerikaner per Referendum in elf Bundesstaaten mit überwältigend er Mehrheit die Homo-Ehe verwarfen, beschloß der Bundestag deren fast vollständige Gleichberechtigung mit der "konventionellen Ehe", wie sie neuerdings auch genannt wird. Die Homosexuellen können sich nun verloben, haben das Recht auf Witwenrenten und kommen in den Genuß gesetzlicher Scheidungsregeln.
Nun ist die Homosexualität sicherlich Privatsache, sie geht den Staat nichts an. Sie kann aber nicht Bestandteil einer Werteordnung sein. Und sie sollte nicht auf eine Weise drapiert werden, die das gesellschaftliche Prestige der Familie schmälert. Es darf nicht etwas gleichgesetzt werden und gleichberechtigt sein, was nicht gleich ist. Gute Katholiken wie der Italiener Buttiglione halten Homosexualität sogar für Sünde. Dem kann man zustimmen oder auch nicht, man muß es aber sagen dürfen.
Heute hält die Mehrheit der Europa-Abgeordneten einen Katholiken nicht für tragbar als Kommissar, wohl aber einen früheren kommunistischen Apparatschik. Morgen, wenn die Türkei erst einmal dabei ist, werden sie voraussichtlich einen Moslem ertragen müssen, der über Familie und Abtreibung nicht anders denkt als Buttiglione.
Uns interessiert hier freilich mehr der praktische Aspekt des Themas. Mit durchschnittlich 1,4 Geburten pro Frau (in Frankreich sind es 1,9!) wird das deutsche Volk in den kommenden Jahrzehnten dramatisch schrumpfen. Die Folgen sind vorhersehbar: eine Abwärtsspirale der Wirtschaft, der Ruin der öffentlichen Finanzen, eine allgemeine Verarmung. Unsere Wirtschaft ist auf eine stark abnehmende Bevölkerung nicht ausgelegt - ganz abgesehen davon, daß ein Vakuum in der Mitte Europas Einwanderer ansaugen wird, und zwar die falschen.
Die Wirtschaft steht vor einem Abgrund, aber die Gesellschaft leistet sich die systematische Abwertung der Familie und die Subventionierung der Abtreibung mit über 40 Millionen Euro Steuergeldern pro Jahr. Die Regierung finanziert damit die Entstehung der Rentenlücke, die sie später selbst decken müßte, aber nicht decken kann. In den USA gehen Bischöfe auf die Straße gegen die Abtreibung, in Deutschland werden sie durch das System der von Staats wegen eingetriebenen Kirchensteuer ruhiggestellt. An jedem Werktag werden hierzulande 1.000 ungeborene Kinder getötet - eine Praxis, die laut Bundesverfassungsgericht "rechtswidrig, aber straffrei" ist. Damit ist klargestellt, daß der Staat rechtswidrige Handlungen finanziert. Vielleicht kommt die Union irgendwann auf die Idee, den umstrittenen Paragraphen 218 einer nachträglichen Prüfung zu unterziehen. Sie würde damit nur den Intentionen des Verfassungsgerichtes folgen. Es fällt auch auf, ein wie großer Prozentsatz prominenter Politiker entweder keine Kinder hat oder vom anderen Geschlecht nichts hält oder jedenfalls im Laufe der Zeit mehr Frauen als Kinder vorzuweisen hat.
Die immer noch tonangebenden 68er behandeln andersartige Lebensformen eben nicht als Privatsache. Sie propagieren sie. Auf einem Vortrag vor der Pädagogischen Hochschule Freiburg erklärte der Basler Psychotherapeut Professor Rauchfleisch schwule Lebensbeziehungen zum "Vorbild" für heterosexuelle Beziehungen. Ihr Rollenverständnis sei "nachahmenswert". Die 150 Zuhörer waren beeindruckt. "Das hört sich ja berauschend schön an", sagte eine Frau in der anschließenden Diskussion.
Deutschland tut gut daran, sich nicht in die Militäraktionen und Weltmachtabenteuer der USA verwickeln zu lassen. Aber die Amerikaner machen nicht alles falsch. Über viele Themen, die besonders in Deutschland nahezu tabu sind, kann in Amerika offen diskutiert werden. Konservative Meinungen haben Einfluß und werden respektiert. Den Spagat, außenpolitisch Distanz zu den USA zu halten, aber nicht unbedingt gesellschaftspolitisch, muß die CDU/CSU erst noch meistern. Von den Amerikanern können wir die Fähigkeit lernen, zwischen dem zu unterscheiden, was aufbaut und stärkt, und dem, was schwächt.
Übrigens lohnt es sich, wieder einmal die römische Geschichte zu studieren. Rom ging unter, weil die Sitten verfielen (kinderlose Frauen waren angesehener als solche mit Nachwuchs), weil Millionen nicht integrierbarer Ausländer hereingelassen wurden, weil die Steuern zu hoch waren und der Bürgersinn schwand - und weil das Imperium überdehnt wurde.
Ein abschüssiger Weg, auf dem Europa schon ein Stück weiter ist als die USA. Die Überdehnung ist beiden gemeinsam: Amerika hätte nie in den Irak einmarschieren dürfen, die EU übernimmt sich mit der Aufnahme der Türkei. Bruno Bandulet
Der Autor ist Herausgeber der Publikation DeutschlandBrief.
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