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Bürokratie ist ein Kunstwort und wird zusammengesetzt aus dem französischen "bureau" und dem griechischen "kratia" (Herrschaft). Bürokratie heißt also übersetzt Büroherrschaft. Betriebswirtschaftlich gesehen ist Bürokratie die Verwaltung eines Staates und einer Kommune, einer Unternehmung, Organisation und so weiter.
So weit die Lexikon weisheiten. Gibt man das Wort in die Suchmaschine Google ein, kommt man auf 1.380.000 Resultate. Doch was bedeutet Bürokratie für uns im Alltag?
Deutschland befindet sich im Würgegriff des Verordnungsstaates. Bürokratie und Arbeitslosigkeit sind die beiden Seiten einer Medaille. In diesen Tagen können wir beim Confederations-Cup studieren, ob Deutschland noch zur Weltspitze des Fußballs gehört. Bei der Bürokratie - so viel steht fest - macht uns keiner diesen Rang streitig. "Teamchef" Gerhard Schröder und seine diversen Bürokratieminister wie Jürgen Trittin sorgen dafür, daß uns da keiner den Schneid abkauft.
Ist das zu polemisch? Die Zahlen sprechen eine andere Sprache. Nach der aktuellen Studie "Doing Business 2005", die von der Weltbank in New York vorgestellt wurde, sind die Rahmenbedingungen für hiesige Unternehmen schlechter als in fast allen anderen Industrieländern der Welt. Die Weltbank hatte 145 Länder im Visier. Das besorgniserregende Resultat: Nur im Vergleich mit Schwellen- und Entwicklungsländern steht Deutschland noch relativ gut da.
Wirtschaftsminister Clement predigt zwar Bürokratieabbau. Das tun ja alle, genauso wie alle Vorrang für Arbeit postulieren. Doch die Realität sieht ganz anders aus. Der deutsche Wirtschaftsstandort ist total überreguliert. Länder wie Neuseeland (Platz 1), die USA (Platz 2) und Großbritannien (Platz 7) mischen ganz vorn mit. Deutschland liegt bei den unternehmerischen Rahmenbedingungen hinten; vor uns rangieren sogar Länder wie die Slowakei, Thailand und Botswana.
Und wer muß besonders bluten? Der heimische Mittelstand. Die Bürokratie kostet jährlich 46 Milliarden Euro. Die Zeche, nämlich 84 Prozent dieser Summe, zahlt der Mittelstand. Für Unternehmensgründungen ist in Deutschland eine Vielzahl von Anlaufstellen zuständig (neun an der Zahl). Bis zur Registrierung einer Firma vergehen im Land der Starre 45 Tage. In den USA wartet ein Unternehmensgründer nur 14 Tage.
Unsere Politiker und Medien beklagen die Verlagerung von Arbeitsplätzen ins Ausland. Doch bei jeder Investition stellen sich nicht nur die Großen, sondern auch die kleinen und mittleren Unternehmen die Frage, ob man sich im hiesigen Bürokratiedickicht noch zurechtfindet. Insbesondere der Mittelstand kann und darf es sich nicht leisten, Personalressourcen im Aufwand von ganzen "Mannjahren" für die Abwicklung der Büro- kratie mit Ämtern und Behörden aufzubringen.
Wir amüsieren uns gern mal über die zentralistischen und traditionsverliebten Franzosen. Doch während in unserem westlichen Nachbarland früher die Gründung eines mittelständischen Unternehmens durchschnittlich 49 Tage dauerte, sind es heute nur noch acht Tage.
Und trotzdem leistet der Mittelstand in Deutschland eine ganze Menge. In Firmen mit maximal 500 Beschäftigten und 50 Millionen Euro Umsatz ist die Zahl der Beschäftigten von 1996 bis 2003 um durchschnittlich 1,5 Prozent gestiegen. Bei den von den Medien und von den Politikern - Stichwort "Genosse der Bosse" - hofierten Großunternehmen ist im selben Zeitraum die Zahl der Arbeitsplätze um 15 Prozent abgebaut worden.
Das Wirtschaftsmagazin Capital spricht vom "Reich der Akten". In den 80.000 Biergärten unseres Landes gehen um 22 Uhr die Lichter aus, weil laut Gesetz "Menschen, Tiere und Pflanzen, der Boden, das Wasser, die Atmosphäre sowie Kultur- und sonstige Sachgüter vor schädlichen Umwelteinwirkungen zu schützen sind". Der Durst des Gastes und der Wunsch des Wirtes, ein paar Euro mehr zu verdienen, wenn denn schon mal das Wetter schön ist, spielen für den Gesetzgeber keine Rolle.
Der wissenschaftliche Dienst des Bundestages macht es für jeden ersichtlich: 2004 wurden zwar 35 Gesetze und 129 Verordnungen aufgehoben - dafür kamen 195 Gesetze und 473 Verordnungen neu hinzu.
Der Amtsschimmel verteidigt Deutschlands Spitzenposition bei der Bürokratie. Das erstreckt sich in fataler Art und Weise auf das Feld des Arbeitsmarktes, der Sozialgesetzgebung, des Kündigungsschutzes, der Ladenöffnungszeiten, der Wochen- und Jahresarbeitszeiten.
Ein paar schöne Beispiele der Beamtenherrlichkeit: Einem Flensburger Fotografen schrieb das Amt für Arbeitsschutz Fenster in der Dunkelkammer vor - damit die Beschäftigten genug Licht bekommen. Einem Krefelder Heizungsbauer drohte die Gewerbeaufsicht mit Zwangsschließung des Büros - weil die Decke um zwei Zentimeter zu niedrig war.
45 Prozent der Unternehmen sagen, sie würden bei weniger staatlicher Bürokratie mehr investieren. 38 Prozent würden neue Leute einstellen. Leider haben die Kleinen besonders unter der Papierwut zu kämpfen. Denn es gilt die Faustregel: Je kleiner die Firma, desto höher der zeitliche und finanzielle Aufwand für bürokratiebedingte Pflichten.
Doch angeblich naht jetzt die Rettung: Im Vermittlungsausschuß des Bundestages einigten sich Regierung und Opposition darauf, der Bürokratie an den Kragen zu gehen. Erste Erfolge: Bäcker und Metzger dürfen jetzt für ihre Kunden Stühle und Tische aufstellen, ohne gleichzeitig Toiletten anbieten zu müssen. Immobilienmakler müssen ihre Zeitungsinserate nicht mehr mindestes zehn Jahre lang aufbewahren.
Als nächstes gehören das sogenannte Antidiskriminierungsgesetz - ein Arbeitsbeschaffungsprogramm für Juristen und Archivare - und die sich selbst verwaltende Bundesagentur für Arbeit auf den Prüfstand. Wir brauchen einen Bürokratie-TÜV, gerade jetzt vor der Bundestagswahl. Erste Signale der neuen Landesregierung von NRW - Beispiel Ausweitung der Ladenöffnungszeiten bis 24 Uhr an Wochentagen - zeigen, daß Politiker durchaus in der Lage sind, zu halten, was sie vor einer Wahl versprochen haben. Die Sozialdemokraten und Grünen zeigen allerdings zur Zeit in atemberaubender Weise, wie man das, was man eine ganze Legislaturperiode gepredigt hat, aus Panik Stück für Stück kassiert. Die Alt-68er haben es einfach nicht mehr verdient, in Deutschland Regierungsverantwortung zu tragen und den Ballast der Bürokratie in Deutschland, der sich wie Mehltau auf das Land legt, weiter anzuhäufen. |
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