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Dichter Zacharias Werner

 
     
 
In Königsberg kam ein Knabe zur Welt, dem es vergönnt und beschieden war, in den Kreis erlauchter Geister aufgenommen zu werden. Sein Vater war Universitätsprofessor und Theaterkritiker. Dreiundzwanzig Monate nach Gottscheds Tod wurde Zacharias Werner geboren, und dem aufmerksamen Beobachter will es scheinen, als habe das unvollendete Streben Gottscheds in dem Neugeborenen des 18. November 1768 seiner Fortsetzung gesucht und gefunden.

In den frühen Jünglingsjahren hat sich Zacharias Werner der Dichtung verschrieben; trotzdem studierte er Rechts- und Kameralwissenschaft. Die letztere vermittelte Kenntnisse für die Verwaltung der Einkünfte der fürstlichen Kammer. Während seines Studiums
schrieb er die ersten Gedichte, mit denen er an die Öffentlichkeit trat.

Seine erste Stellung als Kammersekretär erhielt er in einem Landschaftsgebiet, das bei der mehrfachen Teilung Polens an Preußen gefallen war. Eine Reihe von Jahren blieb er in Warschau. Abgesehen davon, daß er dort mit E. T. A. Hoffmann zusammentraf, schloß er nicht weniger als drei Ehen nacheinander, von denen die ersten beiden sich schnell wieder lösten. In dieser Zeit brachte er seine erste dramatische Arbeit zustande, "Die Söhne des Tals", die den Untergang des Templerordens behandelt. Ein anderes Drama, das sich mit der Bekehrung der heidnischen Prussen befaßte und in Warschau begonnen war, vollendete er in Königsberg, wohin er geeilt war, weil seine Mutter einer Geistesstörung anheimfiel und seiner bedurfte.

Die eigentliche Schaffensperiode aber begann in Berlin, wo ihm ein Gönner, Minister von Schrötter, eine Stellung verschafft hatte, die ihm viel Zeit ließ, die dunklen Gewalten in seinem Innern zu ordnen und schöpferisch zu verwerten. Die Bekanntschaft mit Iffland regte ihn an. Er wagte den kühnen Versuch, den deutschen Reformator auf die Bühne zu bringen. "Martin Luther oder die Weihe der Kraft" wurde 1806 in Berlin aufgeführt.

Nun begannen Gedanken und Bilder wie in weitem Strombett zu fließen. Er löste seine Ehe, die ihm eine Fessel geworden war, und begab sich nach Weimar, wo er mit Goethe in Berührung kam, der das Genie in ihm witterte und ihm Gelegenheit gab, seine begonnene Tragödie aus Polens Urgeschichte zu vollenden; 1808 wurde sie unter Goethes eigener Regie aufgeführt, und das bedeutete viel. In "Wanda" hatte Werner endlich den Stoff gefunden, der seinem Talent und den Anlagen seines seelischen Erlebnisvermögens entsprach. Die Jahre in Polens Hauptstadt fanden darin ihren Niederschlag. Den Stoff lieferte eine alte polnische Königslegende.

Nach diesem Erfolg hielt es Werner nicht länger in Weimar; kaum war der Frühling da, zog es ihn zurück nach Berlin, doch schon wenige Monate später reiste er in die Schweiz und lernte dort Frau de Staël kennen; sie lud ihn nach Coppet ein. Dort arbeitete er fleißig an seinem "Attila"; auch die Schicksalstragödie "Der 24. Februar" dürfte in Coppet entstanden sein. Doch heißt es, daß Goethe von dieser Arbeit wenig begeistert war, als Werner sie ihm nach Weimar brachte, obwohl man sie als die Leistung seines Lebens betrachtet, denn er schuf damit das Vorbild für eine ganze Reihe von Schicksalsromanen.

Von Coppet reiste Werner nach Rom. Es ist möglich, daß Madame de Staël den Anstoß zu dieser Reise gab, denn sie war fast ein Jahr in Italien gewesen und begeistert zurückgekehrt und hatte ihre Eindrücke in dem glänzendsten ihrer Werke niedergelegt. An der Tatsache, daß Werner in Rom zur katholischen Kirche übertrat, hatte sie bestimmt keinen Anteil. Seine Freunde waren überrascht, keiner von ihnen fand eine Erklärung dafür. In einem Bühnenstück "Die Weihe der Urkraft" versuchte er eine dichterische Proklamation seines Schrittes, dennoch blieben die wirklichen Gründe in Dunkel gehüllt.

In der Sicht des Unbefangenen treibt alles von lange her darauf zu. Hat er sich nicht, schon bei den ersten Dramen, solcher Themen bedient, die sich ihm aus dem Bereich des Glaubens anboten? Er schuf Mysterienspiele mit den von Schiller in der "Braut von Messina" erprobten Mitteln. Er bildete die mystischen Elemente in "Wanda" und die Schicksalsidee im "24. Februar", gelangte Schritt für Schritt zu einer Schau des tiefgründig Geheimnisvollen, um nicht zu sagen Phantastischen, als einziger, der damit Bühnenerfolge errang, steigerte den dramatischen Ausdruck zur Exaltation und fand so den einzigen für ihn noch gängigen Weg, den dichterischen und persönlichen Halt an der katholischen Kirche.

1814 zum Priester geweiht, nahm er längeren Aufenthalt in Wien. Er predigte häufig, vor allem, während der Kongreß tagte, und er zog eine große Zuhörerschaft an. Es heißt, von seinen Reden ging etwas Gewaltiges, Zwingendes aus, dem sich nicht leicht jemand entziehen konnte. – Zacharias Werner starb am 17. Januar 1823 in Wien. Wa.

 
     
     
 
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