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In letzter Zeit häufen sich immer mehr die Beschwerden deutscher Hilfsorganisationen, die mit hohem persönlichen Aufwand dafür sorgen, daß immer noch humanitäre Hilfsgüter aller Art nach Königsberg kommen. Aber die Anzahl dieser Organisationen wird immer geringer. Hauptgrund sind die schleppende und manchmal geradezu schikanöse Behandlung durch den russischen Zoll. Die Negativbeispiele häufen sich gerade in letzter Zeit. So mußte der bei fast allen Organisationen bekannte Thomas Müller, der monatlich Hilfstransporte in das nördliche Ostdeutschland bringt, bei seinem letzten Transport für die katholische Kirche ngemeinde in Königsberg, den beladenen Lkw sechs Tage in einem Zollager stehen lassen. Doch war dies nicht alles. Wurde doch der Lkw samt Hänger komplett über eine Kartoffelwaage entladen, d.h. alle Teile mußten einzeln gewogen werden. Ein in dieser Art bisher einmaliger Vorfall.
Der Duisburger Verein "Hilfe für Königsberg e.V." sollte bei seinem außerplanmäßigen Transport in der zweiten Oktoberwoche in Heiligenbeil alle Medikamente ausladen. Erst nach zweistündiger Diskussion verzichtet die Zöllnerin auf die Begutachtung aller Medikamente und dies alles, obwohl die Einfuhr der Medikamente vorher durch den Vertreter des Vereins in Königsberg mit dem Zoll besprochen worden war. Bei einem weiteren Transport dieses Vereins, sie hatten Anfang September auf dem Schienenweg fünf Duschcontainer nach Rauschen gebracht, wurde ebenfalls in Heiligenbeil ein Container vom Zoll aufgebrochen und die darin befindlichen Duschen ebenso beschädigt wie einige Lampen, obwohl dem Zoll alle Schlüssel vorlagen.
Auch Hans-Hermann Vögele vom DRK in Emmendingen ärgert sich. Der Sohn des letzten Cranzer und Georgenwalder Bürgermeisters hatte unter größter Mühe einen Krankenwagen für das Neukuhrener Krankenhaus in das Gebiet gebracht. Nun steht dieser Krankenwagen dort und darf nicht benutzt werden. Muß doch erst ein Arzt des Krankenhauses nach Moskau fahren mit einem Wust von Papieren, um sich dort eine Genehmigung der Kommission für humanitäre Hilfe einzuholen. Ein weiterer Transport von Vögele, bestimmt für Neukuhren und für Einrichtungen in Rauschen und Königsberg liegt schon seit acht Wochen in einem Königsberger Zollager. Der Grund hierfür ist geradezu lächerlich. Bei dieser Ladung befinden sich drei Holzbetten und Möbel aus Holz unterliegen seit kurzem einer Importquote, daher sieht sich der Zoll nicht in der Lage diese Ladung frei zu geben. Aber nicht nur Holzmöbel unterliegen so einer Importquote, Zucker zum Beispiel ist auch dieser Regelung unterworfen.
Daß die Art und Weise der Behandlung von humanitären Hilfsorganisationen so nicht weitergehen kann, hat in der letzten Woche auch das Gebietsparlament erkannt. Im Namen des Parlamentes hat deren Sprecher einen Brief an den russischen Ministerpräsidenten Primakow geschrieben und ihn aufgefordert, die Zollbedingungen für humanitäre Hilfe sofort zu ändern. Ebenso fordert man, die Kommissionen für Humanitäre und Technische Hilfe in Moskau aufzulösen und entsprechende Kommissionen unter der Leitung des Gebietsparlamentes direkt vor Ort einzurichten. Bleibt zu hoffen, im Interesse der betroffenen Menschen und der vielen tausend ungenannten ehrenamtlichen Helfer in West- und Mitteldeutschland, daß sich die Situation für die Spender schnell ändern wird. BI
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