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Dänemark revidiert vorsichtig seine Nationalgeschichte

 
     
 
Bereits vor Jahren konnte das von Enthüllungen eines dänischen Historikers berichten (Folge 31/1995), dänische Soldaten hätten nach Kriegsschluß deutsche Kriegsgefangene völkerrechtswidrig zum Minenräumen eingesetzt. Derselbe Autor, Helge Hagemann, hat nunmehr seine Forschungsergebnisse als Buch vorgel
egt, das unter dem Titel "Under Tvang" (Unter Zwang) erschienen ist und erneut für Aufsehen sorgt. Hagemann, dessen Vater als Major der sogenannten "Dänischen Brigade" für die Minenräumkommandos zuständig war, deckt auf, daß die deutschen Kriegsgefangenen gezwungen wurden, mit einfachsten Mitteln, häufig nur mit ihren Händen, die zum Schutz vor alliierten Invasionen an der dänischen Westküste verlegten Minen zu suchen und auszugraben. Dabei wurden viele getötet.

Weitere Opfer forderte die menschenverachtende Methode der Dänen, nach der Räumung einer Fläche die Gefangenen zu zwingen, untergehakt in Reihen über das Feld zu laufen, wobei immer wieder eine noch nicht entdeckte Mine explodierte. Am frühen Morgen des 22. Juli 1945 wurden beispielsweise sieben Soldaten in die Luft gejagt, als mehrere miteinander verbundene Minen gleichzeitig detonierten. Insgesamt, so schätzt Hagemann, dürften mindestens 250 deutsche Kriegsgefangene auf diese Art umgebracht worden sein. Seinen Vater, der dafür verantwortlich war, nennt Hagemann einen Kriegsverbrecher. Wie schon 1995, als die ersten Ergebnisse von Hagemanns Forschungen in die Presse drangen, so erlebt er auch jetzt nach Erscheinen seines Buches, daß er von ehemaligen Widerstandskämpfern in anonymen Telefonanrufen beschimpft und in Drohbriefen als "Deutschenfreund" verleumdet wird.

Etwa zur gleichen Zeit mit Hagemanns Aufklärung wurde bekannt, daß die dänische Regierung zu Beginn des Krieges Juden nach Deutschland abgeschoben hat, obwohl von dort keinerlei derartige Forderungen vorgebracht worden waren. Die Presse berichtet, der isländische Forscher Vilhjalmsson hat bei der Arbeit in Archiven dementsprechende Unterlagen gefunden, wobei er allerdings in Dänemark auf erheblichen Widerstand stieß. In 23 Fällen habe man ihm die Einsicht in Akten verweigert, wohingegen er zu deutschen Archiven ungehinderten Zugang erhalten habe. Mindestens seien 132 Personen, die als politische Flüchtlinge in Dänemark lebten, von dänischen Behörden aus freien Stücken deutschen Stellen übergeben worden.

Und ein drittes Thema, über das bisher sorgfältig ein Schleier der Desinformation gebreitet wurde, kommt in Dänemark an die Oberfläche, die Beteiligung von Dänen am Kampf gegen den Bolschewismus, einem Kampf, der vom dänischen König ausdrücklich legitimiert worden war. Drei junge dänische Historiker legen unter dem Titel "Under Hagekors og Danebrog" ("Unter Hakenkreuz und Danebrog" [dänische Nationalflagge], Aschehoug Verlag, ca. DM 75,00) ein Buch vor, in dem sie darlegen, daß sich 12 000 junge Dänen darum bewarben, in der Waffen-SS an der Ostfront kämpfen zu dürfen. 6000 von ihnen wurden schließlich im Osten eingesetzt, wo sie in der SS-Panzerdivision "Wiking" und in der SS-Freiwilligen-Panzergrenadierdivision "Nordland" kämpften. Viele von ihnen erhielten hohe Auszeichnungen. Mehr als die Hälfte fiel allerdings im Kampf. Zusammen mit Freiwilligen der Waffen-SS aus anderen Ländern Europas kämpften dänische Soldaten bis zuletzt im untergehenden Berlin gegen Stalin. H. W. Neu schreibt in seinem Buch "Europas verratene Söhne": "Sie wußten, daß in Berlin mehr starben als ein in die Enge getriebenes Regime, daß mit dem Vordringen russisch-amerikanischer Verbände in das Herz Deutschlands vielmehr eine Epoche europäischer Geschichte beendet wurde." Angesichts solcher Fakten ist es für manche Dänen nunmehr peinlich zu erfahren, daß gerade 1000 Landsleute als "Widerstandskämpfer" gegen die deutsche Besatzung aktiv gewesen sein sollen – und das auch noch zu einem nicht geringen Teil erst nach der Kapitulation.

 
     
     
 
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