|
Das 13. Kind des "Soldatenkönigs" gilt als der talentierteste unter den Brüdern Friedrichs des Großen. Letzterer nannte ihn "mein anderes ich" und "den fehlerlosen Feldherren". In gewisser Hinsicht kann der Hohenzollernsproß sogar als der Vater der ostdeutschen Wiedervereinigung von 1772 bezeichnet werden, denn er handelte mit Katharina II. die sogenannte Erste Polnische Teilung aus. Trotzdem steht er im Schatten seines Königs und ältesten Bruders. Das möchte die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg mit einer Ausstellung über den links von Frédéric Reclam und rechts von Anton Graff dargestellten Prinzen ändern. Heute erfolgt die Eröffnung in Heinrichs ehemaligem Refugium Schloß Rheinsberg
Wie kommt es, daß dieser kluge, geistvolle Prinz Heinrich, dieser Feldherr sans peur et sans reproche, dies von den nobelsten Empfindungen inspirierte Menschenherz, so wenig populär geworden ist?" fragte Theodor Fontane; und der Abbé Jacques Delille, französischer Poet, Übersetzer Vergils und Verfasser didaktischer Lehrgedichte, stellte die rhetorische Frage: "Wer kennt Rheinsberg nicht, das ein unermeßlicher See umspült, wo die Künste gern weilen, wo die Tapferkeit ausruht?"
Mehr als 50 Jahre hatte der Preußen-Prinz und jüngere Bruder Friedrichs II. am Rheinsberger Hof verbracht, als er, 76jährig, am 3. August 1802 dort starb und in einer Grabpyramide im Schloßgarten beigesetzt wurde. 2002 jährt sich nun zum 200. Male der Todestag des Prinzen Heinrich von Preußen. Aus diesem Anlaß widmet ihm die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg (SPSG) die Ausstellung "Prinz Heinrich von Preußen. Ein Europäer in Rheinsberg" im Schloß Rheinsberg. Gleichzeitig wird der Versuch unternommen, dem Prinzen zu jener von Fontane angemahnten Popularität zu verhelfen.
Nach seinem Tod gerieten Schloß und Garten in Vergessenheit und der Besitz wechselte schnell seine Eigentümer. Die Ausstellung dokumentiert mit annähernd 400 Exponaten zum ersten Mal das Leben und Wirken des Prinzen Heinrich, wobei das Schloß Rheinsberg das "umfangreichste" Ausstellungsstück sein wird. Würdigung erfährt sowohl der Feldherr und Politiker als auch der reiseerfahrene Förderer der schönen Künste. Als Auftraggeber für die Neugestaltung seines Landsitzes zählte der Prinz zu den Förderern eines neuen Formen- und Gedankengutes, das weit ins kommende Jahrhundert verwies. Die Rheinsberger Fest-, Theater- und Musikkultur erreichte in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts überregionale Bedeutung.
Neben zahlreichen Leihgaben aus deutschen Museen, Sammlungen und Privatbesitz werden auch Kunstwerke und Archivalien aus dem europäischen Ausland und den Vereinigten Staaten von Amerika zu sehen sein. Zu den internationalen Einrichtungen, die um Leihgaben gebeten wurden, gehören der Louvre, die Bibliothèque national und Versailles in Frankreich ebenso wie das Nationalmuseum Stockholm und die Eremitage in St. Petersburg, die Gemälde aus dem Besitz des Prinzen Heinrich, die 1773 an die russische Zarin Katharina II. verkauft wurden, besitzt. Darunter befinden sich französische Werke von Nicolas Lancret (1690- 1745) mit dessen Bildnis "Der Graf von Essex" und Jean-Baptiste Nattier (1678-1726) mit dessen Werk "Joseph flieht vor Potiphars Weib" (um 1712), auch Antoine Pesnes Porträt des Dresdner Goldschmiedemeisters "Johann Melchior Dinglinger" (um 1721). Aus dem Schloßmuseum Pavlovsk kommen außer KPM-Porzellan auch Porträts der russischen Zarin Katharina II. von Fjodor St. Rokotov sowie des Großfürsten Paul und seiner Gemahlin von dem in Schweden geborenen Maler Alexander Roslin. Auch von Berliner Sammlungen wurde die Bitte um Leihgaben positiv beantwortet, so von der Kunstbibliothek SMBK, der Stiftung Stadtmuseum sowie der Musikabteilung der Staatsbibliothek zu Berlin PK. Zugesagt hat auch das Reichsarchiv (Schloßarchiv) Stockholm mit einer Zeichnung eines Entwurfs für ein Freilichttheater), das zu Ehren eines Besuches von Prinz Heinrich gebaut wurde.
Die Ausstellung bietet eine wohl einzigartige Gelegenheit, den teilweise erhaltenen, teilweise jedoch auch weit verstreuten Nachlaß des Prinzen 200 Jahre nach seinem Tode wieder zusammenzuführen und zu präsentieren. Die Bibliothek Heinrichs, die in Vorbereitung der Ausstellung rekonstruiert und wissenschaftlich gewertet wurde, zeigt deutlich die Nähe des Prinzen zum aufklärerischen Gedankengut des 18. Jahrhunderts.
Authentischer als Schloß Rheinsberg hätte kaum ein anderer Ort für diese Ausstellung sein können. Es ist neben dem Schloßpark das größte und wichtigste Exponat zugleich. Das gesamte Schloß wird in die Ausstellung einbezogen. Die ursprüngliche Bestimmung der Räume berücksichtigend, werden die einzelnen Ausstellungsthemen nahezu chronologisch in den Schloßrundgang integriert. Einige der Zimmer - mit Inventar komplettiert - sind dann als eigenständige Raumkunstwerke zu erleben.
Die Ausstellung ist bis zum 27. Oktober dieses Jahres dienstags bis sonntags von 9.30 bis 18.00 Uhr und sonnabends bis um 19.00 Uhr zu sehen. Montags ist geschlossen. Der umfangreich bebilderte Katalog zur Ausstellung hat einen Umfang von rund 600 Seiten und ist beim Buchhandel für 78 Euro zu erstehen. Das "Porticus"-Sonderheft "Schloss und Garten Rheinsberg", herausgegeben von der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg, kostet drei Euro. Weitere Informationen finden Interessierte im Internet auf der SPSG-Seite "www.spsg.de". Y. R.
Rheinsberg: Benjamin Schwarz um 1795 entstandene aquarellierte Radierung zeigt das Schloß und das Theater des Prinzen Heinrich |
|