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Im April 2000 - also vor vier Jahren - verlor die damals noch selbständige ÖTV bei den Personalratswahlen des größten deutschen Rentenversicherers, der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA), rund ein Drittel ihrer Sitze im Personalrat. Das waren damals gut 2.200 Wählerstimmen. Großer Gewinner war der dem Christlichen Gewerkschaftsbund angeschlossene Deutsche Handels- und Industrieangestellten-Verband (DHV), der 17 Prozent Stimmenanteil erzielen konnte und erstmalig in den Personalrat der BfA einzog.
Scharf und hart waren die Auseinandersetzungen, die die DHV-Personalräte in der BfA mit ihren ÖTV-"Kollegen" in den vergangenen vier Jahren zu führen hatten. Im Jahre 2002 fand dann noch die Fusion der DAG mit der ÖTV zur Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft, kurz ver.di, statt, die DGB-Funktionäre schienen übermächtig. Dennoch hatte der DHV bei der Wahl der Frauenbeauftragten in der BfA einen sensationellen Erfolg. Seine Bewerberin erhielt von allen Kandidatinnen mit großem Abstand die meisten Stimmen. Entsprechend hoch waren dann auch die Erwartungen der Mitarbeiter der BfA an die Personalratswahlen Anfang März 2004.
Ver.di, die als Gewerkschaft vor allem für die Belange aggressiver Minderheiten eintrat, statt sich um die Sorgen und Nöte der "normalen" Werktätigen zu kümmern, mußte eine erdrutschartige Niederlage hinnehmen. Im Personalrat der Berliner Dienststelle der BfA - also ohne die Außenstellen - verlor die rote DGB-Gewerkschaft rund die Hälfte ihrer Mandate. Dies ist nun im Laufe von vier Jahren die zweite große Schlappe für die vom Alleinvertretungsanspruch in Sachen Arbeitnehmerrechten phantasierenden Sozialisten. Allerdings konnten, anders als vor vier Jahren, die christlichen Gewerkschafter nur bedingt von diesem Trend profitieren und bei einer Steigerung des Stimmenanteils um rund 200 Stimmen ein Mandat hinzugewinnen. Der Stimmenanteil der DHVler beträgt nunmehr rund 18 Prozent. Der Löwenanteil der ver.di-Verluste wur- de von einer neu etablierten "Freien Liste" aufgefangen, die sich vor allem bei den Mitarbeitern aus den "neuen Bundesländern" großen Zuspruches erfreute.
So wollte DHV-Spitzenkandidat Manfred Mohr den Wahlausgang durchaus positiv kommentieren, denn immerhin sei man sich ja in der Einschätzung der DGB-Gewerkschaft ver.di einig. In der Tat ist die Geschwindigkeit, mit der sich die roten Gewerkschafter in ihre Bestandteile auflösen, bemerkenswert. Der Berliner DHV-Vorsitzende Klaus Gröbig kommentierte: "Es gibt in der Republik einen großen Trend gegen links und rot. Was fehlt, ist der Wille, den kulturellen Führungsanspruch der bürgerlichen Kräfte in Deutschland auch durchzusetzen. Im Rahmen der sogenannten kulturellen Hegemonie wird uns aufgezwungen, was wir gar nicht haben wollen. Printmedien und Fernsehen ergreifen stets Partei für gesellschaftliche Kräfte in Deutschland, die gar nicht repräsentativ sind."
So hoffnungsfroh die bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte beschriebene Entwicklung auch ist, so düster sieht die Zukunft der BfA selbst aus. Nachdem Gerhard Schröder mit "Erfolg" die bis dahin leidlich funktionierende Bundesanstalt für Arbeit in Schutt und Asche gelegt hat - man denke nur an den Namen Florian Gerster -, hat der Kanzler ein neues Opfer seines Reformeifers im Visier: die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte. Diese soll nach Schröders und Ulla Schmidts Willen, aber vor allem auf Drängen der rot-grünen NRW-Landesregierung "zerlegt" werden.
Besonders die in NRW ansässige Bundesknappschaft soll auf diese Weise wieder eine Daseinsberechtigung bekommen. Angeblich würde durch die Regionalisierung alles "besser" und "rationeller". In Wirklichkeit geht es aber um Arbeitsplatztransfer von Berlin nach Düsseldorf und anderswo. In NRW stehen Landtagswahlen an, und die Zustimmung zur Landesregierung ist gering. Da sind neue Arbeitsplätze ein überzeugendes Argument.
Leider sägen die meisten unionsregierten Bundesländer an der "Zerlegung" der BfA fröhlich mit. Gerade in sozial schwierigen Zeiten aber erwarten die Menschen Verläßlichkeit. 1989, im Zeichen der Wiedervereinigung, mußte die BfA die sehr komplizierten Berechnungen von Sonderrenten in der untergegangenen DDR vornehmen, weil die Landesversicherungsanstalten damit überfordert gewesen wären. Gutachten von angesehenen Wirtschaftsberatungsunternehmen haben im übrigen die Leistungsfähigkeit der BfA bestätigt. Erstaunlicherweise hat sich die "veröffentlichte Meinung" mit diesem Thema noch nicht auseinandergesetzt.
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