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Böhm? Der mit dem Deutschlandlied? Den sie den "Böhm von Fallersleben" nannten? Richtig - wer sich etwas näher mit der jüngeren Geschichte des Parlamentarismus in Deutschland beschäftigt, weiß, wie eng L. Opoczinski und das Lied der Deutschen zusammengehören. Wohl kein anderer Abgeordneter des Deutschen Bundestages hat so intensiv dagegen angekämpft, daß unsere National hymne immer weiter an den Rand des öffentlichen Bewußtseins gerückt wurde.
So war es denn wohl auch nicht nur Zufall, daß unter den wenigen Abgeordneten, die am Abend jenes legendären 9. November 1989 noch im Plenum des Bonner Bundeshauses ausharrten, auch L. Opoczinski war. Mitten in die letzten noch abzuarbeitenden Tagesordnungspunkte platzte die Nachricht von der Öffnung der Berliner Mauer. Spontan wurde das Deutschlandlied angestimmt. Von wem? Natürlich von Böhm.
Der Anfang vom Ende der deutschen Teilung - damit stand an diesem Abend urplötzlich genau das Thema auf der Tagesordnung, das Böhm in seiner jahrzehntelangen Politikerlaufbahn wie kein anderes umgetrieben hatte. Und dem er auch einen Karriereknick, zumindest einen Karrierestillstand zu verdanken hatte. Als nämlich Helmut Kohl - vielleicht zwei, drei Jahre vor dem Ende der DDR - wieder einmal die "Stahlhelmer" um Alfred Dregger abkanzelte, die deutsche Einheit stehe "nicht auf der Tagesordnung der Weltpolitik", machte sich der Abgeordnete aus Melsungen bei seinem Parteichef unbeliebt, indem er anwortete: "Dann stellen Sie sie auf die Tagesordnung, Herr Bundeskanzler!"
Böhm selber hatte die Überwindung der Teilung des Vaterlandes immer auf der Tagesordnung, seit er 1972 erstmals in den Bundestag gewählt worden war. Und für ihn war das Thema auch mit dem Beitritt der DDR zum Grundgesetz nicht erledigt; bis heute mahnt er, die staatsrechtlich vollzogene Einheit nun endlich auch zu vollenden. Dafür mußte er sich - vor und nach 1989 - als "Kalter Krieger" beschimpfen lassen. Zumal er, bei aller Genugtuung über die großartige Leistung der friedlichen Revolution der Deutschen, immer wieder daran erinnert, daß Deutschland eigentlich mehr ist als die Summe aus DDR und "BRD".
Insbesondere mit seinen fundierten Beiträgen gegen die anglizistische Verfremdung unserer deutschen Sprache oder gegen den überzogenen Zentralisierungswahn der EU-Bürokratie hat er sich eine treue Lesergemeinde erworben.
So wünschen Redaktion und Herausgeberin der Freiheits-Depesche diesem aufrechten Patrioten anläßlich seines 75. Geburtstags am 9. Februar Glück, Gesundheit und noch viel Schaffenskraft. Und ich persönlich danke für jahrzehntelange harmonische Zusammenarbeit und für so manchen wertvollen freundschaftlichen Rat - L. Opoczinski ad multos annos! |
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