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Die Keimzelle, daß Menschen sich nicht mehr trauen sich zu entfalten, ist, daß sie Angst haben, bewertet zu werden." Dagegen hat sich Sissi Perlinger schon immer gewehrt. Sie sang bereits als Kind in der Wiege, behauptet zumindest ihre Mutter. Mit den ausgefallenen Klamotten, dem ausgeprägten bayrischen Akzent und ihrer frechen Zunge spielte sich das Multitalent als Kabarettistin, Schauspielerin und Tänzerin in die Herzen der Zuschauer. Sie überrascht jedes Mal mit ihrem außerordentlichen Verwandlungstalent. Eine Frau mit tausend Gesichtern - aber wie sieht sie sich eigentlich selbst?
Ihr aktuelles Programm ist die Bühnenshow "Das Traumprogramm". Worum geht es in dem Programm?
Sissi Perlinger: Es geht um mein Leben im Wandel der Zeit. Es beginnt bei meiner Geburt in den 60er Jahren. Dann geht s darum, wie sich alles verändert. Von den konservativen 60er Jahren über die 70er Jahre mit Hippie und Flower Power bis hin zum heutigen Tage. Am Ende bin ich eine alte Oma und blicke auf mein Leben zurück. Das ganze wird in einzelnen Traumsequenzen gezeigt.
Ist das Programm Ihre Antwort auf die Biographiewelle?
Perlinger: Nein, vieles ist autobiographisch. Es ist eine Show mit viel Gesang und Tanzeinlagen. Und natürlich sehr viel zum Lachen. Das eigene Leben ist einfach ein toller Faden, der sich durch die Show zieht.
Wie lange dauerte die Vorbereitung für die Show?
Perlinger: Ich habe mich ungefähr drei Jahre darauf vorbereitet. Ich habe Ideen gesammelt, das Drehbuch geschrieben und die Kostüme entworfen. Hinzu kommen noch die dreieinhalb Monate intensive Probenzeit bis alles steht.
Sie machen so viel verschiedenes: Filme, Bücher, Tanzen, Singen. Macht Ihnen der Mix Spaß? Brauchen Sie die Abwechslung?
Perlinger: Auf jeden Fall, ich lerne nie aus. Ich will noch so vieles ausprobieren. Ich konzentriere mich immer auf eine Sache und wenn ich mit der abgeschlossen habe, kommt meist eine neue Herausforderung. Im Laufe der Jahre wird man dann in jedem Bereich immer besser, und das fließt dann in meine Show ein, in der ich ja alles machen kann.
Haben Sie Vorbilder aus der deutschen Komikszene?
Perlinger: Nein, ich habe keine Vorbilder. Ich verehre Loriot und Otto. Ich bewundere Bully und Rick, aber Vorbilder hatte ich noch nie.
Wie sind Sie aufgewachsen? Wo sind Ihre Wurzeln?
Perlinger: Ich bin zwischen Wäldern und Wiesen aufgewachsen. Meine Eltern sind sehr naturverbunden. Ich hatte von klein auf einen großen Freiheitsdrang, liebte lange Spaziergänge, in denen ich alleine die Wälder erkundet habe, die sich um unser Wochenend-Bauernhaus erstrecken. Ich war sehr oft mit meinen Eltern beim Schwammerln [Pilze A.d.R.] suchen. Alles in der Natur hat mich inspiriert, jeder Schmetterling, jede Pflanze.
Sie haben einen sehr eigenen Stil. Wie hat sich der entwikkelt?
Perlinger: Ich komme aus einem sehr kreativen Elternhaus. Meine Mutter war Malerin und Kostümbildnerin. Ich habe mich schon als Kind gerne verkleidet. Meine Eltern haben mir in keiner Hinsicht irgendwelche Richtlinien gegeben oder mir Vorschriften gemacht. Ich konnte mich völlig frei entfalten und meinen Weg gehen. Ich hatte schon sehr früh das Bedürfnis dazu. Sobald ich gehen konnte, bin ich einfach in irgendeine Richtung los und habe meine Eltern in Panik versetzt, die mich hektisch gesucht haben.
Woher nehmen Sie das Selbstbewußtsein, immer gegen den Strom zu schwimmen?
Perlinger: Ich bin gar nicht so selbstbewußt. Ich für mich denke immer, das muß alles noch besser werden. Ich wußte nur immer genau, was ich wollte, nämlich auf die Bühne. Ich habe mich vom ersten Augenblick an auf der Bühne wohl gefühlt. Ich hatte überhaupt keine Angst. Ich wußte auch immer, daß ich nichts anziehen möchte, was gerade modern ist. Ich möchte nicht genau so ausschauen wie alle anderen, sondern wie ich.
Gab es auch Krisen in Ihrem Leben oder ging es immer bergauf?
Perlinger: Ich hatte eine schwere Krise. Die Trennung von meinem Lebenspartner vor sechs Jahren. Diese Zeit hat mir aber im nachhinein eigentlich sehr gut getan. Ich habe kapiert, daß ich nicht nur arbeiten und in der Gegend herumrasen sollte. Seitdem gönne ich mir eine viermonatige Auszeit pro Jahr. Ich habe angefangen, autogenes Training zu machen. Ich lese, ich gehe mit Freunden aus. Ich gönne mir einfach mehr Ruhepausen. Die Trennung war ein wichtiger Punkt in meinem Leben.
Sind Sie privat auch eher die Komödiantin oder sind Sie eher ein ernster Mensch?
Perlinger: Ich kann auch sehr ruhig und ernst sein. Ich bin von meiner Natur her ein lustiger Mensch, aber ich habe da mittlerweile den Ausschaltknopf gefunden. Früher dachte ich, ich müßte ständig alle zum Lachen bringen. Jetzt weiß ich, daß es auch okay ist, einmal die Klappe zu halten. Das bringt das Älterwerden ganz positiv mit sich. Ernste Rollen.
Was macht Sie glücklich?
Perlinger: Singen, tanzen, trommeln. Menschen zum Lachen, Staunen und Weinen zu bringen.
Und was ist Ihr größter Traum?
Perlinger: Ich möchte einmal die geilste Soloshow der Welt haben, in der gar keine Zeit für Applaus ist, sondern wo einem zwei Stunden lang der Mund offen steht und die Tränen vor Glück rauslaufen. Ich habe selbst so was schon erlebt und ich glaube, daß ist der wahre Sinn meines Lebens, so etwas auf die Beine zu stellen. Darauf arbeite ich hin. Mit 63 Jahren schätze ich, werde ich so weit sein.
Birgit Deiterding / Ricore Medien
Sissi Perlinger: Kabarettistin mit spitzer Zunge |
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