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Eine zauberhafte Märchenwelt geschaffen

 
     
 
Und als der Frühling kommt ins Land/Da ziehn gleich einem bunten Band/Die Käfer, Blumen, Gräser klein/Frohlockend in die Welt hinein." Diesen Vers aus dem Bilderbuch "Etwas von den Wurzelkindern" kennen Generationen von Kindern. Wie viele mag die Autorin Sibylle v. Olfers mit diesem Werk in die Traumwelt der Märchenwesen entführt haben? Die Wurzelkinder, kleine Blumenmenschen, schlafen im Winter – behütet und geborgen im Schoß der Mutter Erde. Doch im Frühling ziehen sie farbenfroh gekleidet und mit Blumenstengeln in den Händen in die erwachende Natur. Erst die rauhen Herbststürme treiben die Märchenwesen wieder in die Geborgenheit, heim zur Mutter Erde: "Da kommt der Herbst mit Sturm und Wind/Treibt sie zur Mutter heim geschwind/ Geh nun zu Bett, du kleine Schar/ Und schlaf dich aus bis nächstes Jahr."

Geborgenheit, Auszug und Heimkehr liegen in dieser kleinen Erzählung:  Urerfahrungen eines jeden Kindes. Auch das Aufgehen in der Natur – Blumen, Gräser und Falter haben Menschengesichter, spielen und tanzen –  sowie das Leben mit den Jahreszeiten mögen Gründe dafür sein, daß das Buch von den "Wurzelkindern" auch heute durchaus bekannt ist und gern gelesen wird.

Sibylle v. Olfers wurde am 8. Mai 1881 in Metgethen geboren. Dort wuchs sie als sechstes von acht Kindern des Sanitätsrats, Naturforschers und Schriftstellers Ernst v. Olfers auf. Dessen Schwester Marie, Malerin in Berlin, lehrte die Kinder Pflanzen und Tiere beobachten und zeichnen. Stundenlang
konnte die kleine Sibylle mit Pinseln und Malstiften in einem Winkel sitzen. Die Kindheit auf dem samländischen Gut mit seinem paradiesischen Garten hat das Mädchen geprägt und ihr zeitlebens eine tiefe Liebe zur Natur geschenkt, die in ihren Kinderbüchern zum Ausdruck kommt. Der Hof ließ sich auf die Dauer nicht halten, und so mußte die Großfamilie in eine enge Stadtwohnung nach Königsberg ziehen.

Sibylle v. Olfers trat 24jährig in den Orden der heiligen Elisabeth ein. Zwei Jahre blieb sie in Königsberg, um dann nach Lübeck zu gehen, wo sie als Schulschwester in allen Fächern unterrichtete. Besonders beim Malunterricht gewann sie die Herzen ihrer kleinen Schüler. Sie besuchte auch die Kunstschule Professor von Lütgendorffs, kopierte italienische Meister und malte Altarbilder.

Eine schwere Lungenkrankheit war Grund für einen Aufenthalt am Gardasee, wo sie das Sonnenlicht und die bunte Blumenwelt genoß. Während des Krieges kam sie nach Berlin und übernahm Pflegedienste in Lazaretten. Doch die zarte Künstlerin war diesen Anstrengungen nicht gewachsen, ihre Krankheit brach erneut aus. Die letzten Jahre ihres Lebens verbrachte sie wieder in Lübeck, wo sie von ihren Mitschwestern liebevoll gepflegt wurde. Kaum 35jährig starb sie 1916 im Beisein von Mutter und Schwester.

Insgesamt schuf sie zehn Bilderbücher, von denen die ersten, zu denen sie auch Reime schrieb, in den Jahren vor dem Ersten Weltkrieg erschienen. Zur Zeit des Jugendstils besann man sich wieder auf das Häusliche, auf die Schönheiten des Gartens, die unverfälschte Natur und auf die Familie. Die Bücher der Sybille v. Olfers waren Ausdruck dieser neuen Einstellung. Der Schreiber-Verlag in Esslingen druckte jedes Jahr neue Auflagen.

Mit ihren kleinen Kunstwerken, vor allem mit "Windchen", dem "Schmetterlingsreich", "Was Marilenchen erlebte" und den "Wurzelkindern", hat die gemütvolle Autorin Generationen von Kindern eine zauberhafte Märchenwelt geschaffen. CvG

 
     
     
 
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