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Aus der Vogelperspektive mutet das Haus an wie ein gefaßtes Juwel. Zwischen Spree und Kupfergraben gelegen, die in diesem Augenblick von der Sonne beschienen werden und mit ihrem Glanz an eine Fassung aus kostbaren Diamanten erinnern, ist das Bode-Museum der architektonische Schlußstein einer grandios geplanten Insel, der mit ihrem Reichtum an Kunstschätzen in der Welt wohl einmaligen Berliner Museumsinsel , auch wenn diese noch immer nicht vollständig wiederhergestellt werden konnte.
Wie der Bug eines großen Schiffes strebt die Barockfassade mit ihrer markanten Kuppel dem Betrachter geradezu entgegen. Wo vor Monaten noch Staub und Schutt das Bild prägten, ist jetzt alles wie aus dem Ei gepellt. In dem von 1897 bis 1904 durch den Hofarchitekten Ernst von Ihne errichteten Bauwerk stehen nach jahrelanger Grundsanierung alle Räume in ihrer ursprünglichen architektonischen Fassung wieder zur Verfügung. Auf etwa 6200 Quadratmetern Ausstellungsfläche sind nun drei Museen untergebracht: das Münzkabinett, das in fünf Räumen rund 3000 Objekte zeigt, das Museum für Byzantinische Kunst, das fünf Säle für die Präsentation seiner Schätze erhielt, und die Skulpturensammlung, die in 45 Räumen unterschiedlichster Größe 700 große Objekte und etwa 1000 Kleinbildwerke ausstellt.
"Zum ersten Mal seit 67 Jahren sind die Bestände an ihrem angestammten Ort, dem vormaligen Kaiser-Friedrich-Museum, das seit 1956 den Namen seines geistigen Gründers, Wilhelm von Bode, trägt, wieder beisammen", schwärmt der Hausherr Professor Dr. Arne Effenberger, seit vielen Jahren Direktor der Skulpturensammlung und des Museums für Byzantinische Kunst. Aufregende Wochen und Monate liegen hinter dem Architekten Heinz Tesar aus Wien, der für die Sanierung verantwortlich zeichnete, den Museumsfachleuten, Restauratoren und Stukkateuren. Alles mußte bis aufs kleinste geplant und durchgespielt werden. Für jede Skulptur, jedes Bildwerk mußte die beabsichtigte Wirkung im Raum und innerhalb eines Ensembles festgelegt, die Höhe und Form eines Sockels bestimmt werden. In Modellen wurde die Wirkung vorab geprobt - um sie nachher doch wieder zu verwerfen. Helfer in weißen Handschuhen stellten schließlich die Kostbarkeiten aus anderthalb Jahrtausenden behutsam auf und rückten sie ins rechte Licht. Effenberger: "Doch stellten die eigentümliche Struktur des über einem dreieckigen Grundriß um fünf Innenhöfe mit betonter Mittelachse errichteten Gebäudes, seine oft verwirrend angeordneten Räume und seine vielen Durchwegsmöglichkeiten nicht geringe Probleme für die Planungen und Umsetzung des Ausstellungskonzeptes dar. Von der architektonischen Hauptachse mit ihrer wechselnden Abfolge repräsentativer Raumkunstwerke - Große Kuppelhalle, Kamecke-Halle, Basilika und Kleine Kuppelhalle - führen mehrere Zugänge in die Ausstellungsbereiche, so daß die Besucher wahlweise der weitgehend chronologischen Anordnung folgen oder aber auch genau im Gegensinn durch die Räume gehen können." Es ist gelungen, die Skulpturen so aufzustellen, daß die Besucher sowohl die Vorder- als auch die Rückseiten betrachten können. Wichtig war es, die Säle nicht mit Skulp-turen "vollzustopfen", betonte Effenberger. "Sparsames Aufstellen sichert den Werken die Möglichkeit, ihre Präsenz zu entfalten, die Besucher zum eindringlichen Betrachten einzuladen, sich ihnen mitzuteilen, sie zum Vergleichen mit anderen Werken im selben räumlichen Kontext aufzufordern."
Effenberger ist begeistert und spricht von einem "wohl einmaligen Glücksfall, ein Museum von Grund auf und nach einem einheitlichen Konzept einrichten zu dürfen". Wenn man auch mancherlei Kompromisse eingehen mußte und das Museum natürlich nicht nach dem Konzept Wilhelm von Bodes eingerichtet hat, sondern sich vielmehr an modernen museumstechnischen Maßstäben orientierte und sparsamer als Bode zu Werke ging, kommt der Besucher dennoch auf seine Kosten. Effenberger: "Durch den Wechsel von nur sparsam mit Skulpturen ausgestatteten Sälen mit intimeren Kabinetten, in denen der ganze Reichtum der Skulpturensammlung an hochbedeutenden Kleinbildwerken ausgebreitet wird, sollen unterschiedliche Wahrnehmungserlebnisse erzeugt, aber auch besondere Vorlieben der Betrachter bedient werden."
Wenn auch einzelne Künstler nicht besonders hervorgehoben werden, sieht man einmal von Riemenschneider ab, der mit einer großen Anzahl von Werken im Bestand der Sammlung vertreten ist, so wirken doch Namen wie Tiepolo, Canova, Donatello oder Pisano wie Zugpferde. Kleine und große Figuren von Heiligen, kostbare Flügelaltäre, feinste Teppiche, kunstvolle Intarsienarbeiten und filigrane Schnitzereien aus Elfenbein, immer wieder auch Bildwerke der Mutter Gottes - sie alle zeigen den Reichtum und die zeitlose Schönheit europäischer Kunst. Und nur der ausgewiesene Kenner wird Lücken entdecken, denn schließlich fehlen bis heute noch rund 4000 Werke der ursprünglichen Sammlung, die Bode durch eine geschickte Präsentation in das Bewußtsein nicht nur der Berliner rückte. Seine "Epochenräume" waren damals spektakulär, zeigte er doch erstmals Skulpturen und Bilder in ihrem "natürlichen Lebensraum" umgeben von Möbelstücken und Teppichen. Diese Art der Präsentation hat man nun zitiert und etwa 150 Bilder aus der Gemäldegalerie "ausgeliehen", um die Wirkung der Skulpturen zu ergänzen. Schon jetzt aber bietet das Museum nicht ausreichend Platz für alle Schätze. So soll auf einen nahegelegenen ehemaligen Kasernengelände ein Neubau entstehen. Das allerdings ist noch Zukunftsmusik. Zunächst hat der Um- und Ausbau der Museumsinsel absoluten Vorrang. In 20 Jahren soll das Areal komplett erneuert sein und dem Besucher einen einmaligen Rundgang durch 5000 Jahre Kulturgeschichte ermöglichen.
Das Bode-Museum, Monbijoubrücke, ist dienstags bis sonntags von 10 bis 18 Uhr, donnerstags bis 22 Uhr geöffnet.
Eindrucksvolle Architektur: Blick in die Kleine Kuppelhalle des Bode-Museums mit Merkur und Venus von Pigalle und den Statuen preußischer Feldherren |
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