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Erinnerungen eines kaiserlichen Marinesoldaten an seinen Einsatz im fernen China

 
     
 
Von Potsdam nach Tsingtau" lautet der Titel von Karl Krügers Erinnerungen an seine Jugendjahre in Uniform.

Karl Krüger wurde 1892 in Pensau, einem kleinen westpreußischen Dorf nahe Thorn, geboren. Sein Vater starb sehr früh und hinterließ neben der Ehefrau sechs kleine Kinder. Die verwitwete Mutter war froh, als sich die Möglichkeit bot, ihren Ältesten nach Potsdam ins Militärwaisenhaus schicken zu können.

Der zwölfjährige Karl war glücklich darüber, nach Potsdam zu dürfen, da er sich nichts schöneres vorstellen konnte, als die schöne Militäruniform mit den goldenen Knöpfen zu tragen und Soldat zu sein. Schnell fand er sich in den strengen Alltag des Militärwaisenhauses ein und wechselte mit 15 Jahren freiwillig auf die Militärschule, anstatt wie viele seiner Mitschüler
ein Handwerk zu erlernen. Als er mit 18 Jahren die Wahl hatte, entweder ins Heer oder zur Marine zu gehen, trieb ihn sein Fernweh zur Marine. Für einige Monate erhielt er dann in Cuxhaven eine Extraausbildung, bevor er nach Tsingtau in China versetzt wurde. Die Fahrt in die für ihn unbekannte Gegend war äußerst aufregend. Schon die Einfahrt in den Suezkanal zeigte die verschiedenen Menschen und ihre Mentalitäten, und Karl Krüger nahm die vielen neuen Eindrücke begeistert auf. In Tsingtau, einer vom Deutschen Reich gepachteten chinesischen Stadt, fand der Autor sehr schnell in den militärischen Alltag.

Als der Erste Weltkrieg ausbrach, griffen die Japaner Tsingtau an. Tapfer wehrte sich die deutsche Besatzung des Stützpunktes, aber da kein Nachschub an Munition kam, war jedem bewußt, daß es nur eine Frage der Zeit war, bis die Japaner Tsingtau einnehmen würden. Die Soldaten entdeckten, als der Beschuß der Japaner immer mehr zunahm und die eigene Munition so gut wie erschöpft war, daß ihre Vorgesetzten in weiser Voraussicht schon Massengräber hatten ausheben lassen. Mit dem Mut der Verzweifelung versuchten die Deutschen den Angriff der Japaner abzuwehren, verloren aber, und Karl Krüger geriet im November 1914 in japanische Gefangenschaft. Erst Weihnachten 1919 bestieg er ein Schiff in die deutsche Heimat. Nach Westpreußen durfte er allerdings nicht, denn das war zu dem Zeitpunkt schon polnisch, und so ging er als Polizist nach Elbing.

Karl Krügers Erinnerungen erhellen einen eher unbekannten Aspekt der deutschen Geschichte. Besonders die Erlebnisse in der japanischen Kriegsgefangenschaft überraschen sehr. Der größte Feind der Gefangenen war die Langeweile, und so haben sie Lerngruppen, Sportkurse, Theatergruppen und Orchester gebildet oder sich gegenseitig und den japanischen Aufsehern Streiche gespielt. Es ist verwunderlich, wie frei die Gefangenen sich bewegen konnten. Sie bekamen Post, Geld und konnten sich begrenzt notwendige Dinge kaufen. Hilfslieferungen aus Deutschland und den USA sowie von Deutschen, die in Japan und China lebten, erleichterten den Gefangenen ihre Situation.

Zudem ist die im Buch geschilderte Freundlichkeit der Japaner gegenüber ihren Gefangenen auffallend. Nur selten erwähnt der Autor Strafen, die auf die Streiche und Fluchtversuche der Deutschen folgten. Der Autor betont des öfteren, wie wohlwollend auch die japanische Bevölkerung auf die deutschen Gefangenen reagiert hat. Erst hat man für diese manchmal fast gastfreundlich anmutende Behandlung durch die Japaner keine Erklärung, aber wenn man liest, als wie kaisertreu dieses Inselvolk von Karl Krüger beschrieben wird, erkennt man Parallelen zur kaiserlichen Gesellschaft Deutschlands in jener Zeit. Überhaupt waren die Japaner in ihrer Mentalität den deutschen Kriegsgegnern vielleicht näher als einigen ihrer Verbündeten. Disziplin und Gehorsam waren beiden Völkern eigen. So vernimmt man auch vom Autor keine Klage über die Zustände, egal ob an der Militärschule, in Tsingtau oder in der Gefangenschaft, Karl Krüger nimmt sein Schicksal an.

So mancher Leser wird von der detaillierten Beschreibung militärischer Strategien, Waffen und Schiffe begeistert sein, anderen hingegen werden die persönlichen Erlebnisse mehr zusagen.

Was man an Karl Krügers Erinnerungen als störend empfinden könnte, ist neben der Tatsache, daß er zwar viel beschreibt, aber selten kommentiert, der manchmal etwas holperige Erzählfluß. Karl Krüger, der die meiste Zeit seines Lebens als Justizoberinspektor gearbeitet hat, ist kein gelernter Schriftsteller. Er verwendet Bemerkungen wie "Was mir da noch einfällt", "Dazu komme ich später", "Was ich hier noch anmerken möchte", die aufgrund ihrer Häufigkeit negativ auffallen.

"Von Potsdam nach Tsingtau" ist auf jeden Fall eine interessante Lektüre für Freunde des Militärs und jene, die mehr über das Leben zur Kaiserzeit wissen wollen. Fritz Hegelmann

 

Karl Krüger, "Von Potsdam nach Tsingtau - Erinnerungen an meine Jugendjahre in Uniform 1904-1920", Herausgeber Jürgen Krüger, BoD, Norderstedt 2001, Vorwort Dr. Gerhard Krebs, 255 Seiten, diverse
 
     
     
 
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