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Fette Beute durch Verzicht?

 
     
 
Die Bundesregierung hat wieder einmal das getan, was sie in Verhandlungen mit de Ausland am besten kann: sie hat verzichtet. Wie die polnische Zeitung "Gazet Wyborcza" meldete, hat der Bundeskanzler gegenüber Polen bei Verhandlungen über die Rückgabe geraubter deutscher Kulturgüter darauf verzichtet, "zuerst die Rückgab der Sammlungen aus der Stiftung Preußischer Kulturbesitz
zu verlangen", die nac Auslagerung nach Ostdeutschland am Kriegsende in die Hände der Polen fielen. Und de Verzichts nicht genug: Die Berliner Regierung verzichtete offiziell auf das Archivmateria aus den von Polen verwalteten deutschen Ostgebieten, das man beim Anrücken der Rote Armee in den Westen retten konnte. Sie will diese Archivgüter nunmehr an Pole ausliefern.

Erstaunlicherweise hörte man über dieses Ende August geschlossene Abkommen zwische Bundesdeutschland und Polen in den hiesigen Medien nahezu nichts. Lediglich in de "Welt" fand man eine einzige Notiz, der man kaum etwas über die wirkliche Fakten entnehmen konnte. Als daraufhin ein Mitarbeiter des s bei Bundeskanzleramt ebenso nachfragte wie beim Bundespresse- und Informationsamt, gab ma keine Auskünfte. Erst die Befragung polnischer Zeitungen brachte Licht in diese offensichtlich klammheimlich abgewickelte Verfahren.

Danach wird die Bundesrepublik Archivmaterial aus den von Warschau verwaltete deutschen Ostgebieten ebenso an Polen ausliefern wie Dokumente des Deutschen Ritterordens Dafür wird die polnische Regierung Archivgut an die Bundesrepublik zurückgeben, das a Ende des Krieges in die Hände Polens gefallen ist, so z. B. das Friedhofsbuch der Stad Bremen aus den Jahren 1654 bis 1742, das Kirchenbuch von St. Marien zu Bremen mit de Stuhlverzeichnis der Männer und Frauen sowie der Grüfte der Jahre 1654 bis 1742 un andere deutsche Dokumente aus dem 18. und 19. Jahrhundert. Außerdem, so erklärte de polnische Verhandlungsführer Prof. Kowalski, werde Polen das Archivmaterial de pommerschen Herzöge aus den Jahren 1478 bis 1648, Akten aus dem 17. und 18. Jahrhunder aus Stralsund, Greifswald, Wolgast und anderen deutschen Städten sowie Geschichtsakte der niederschlesischen Stadt Görlitz zurückgeben. Die in Breslau in polnische Han geratenen Akten des preußischen Landratsamtes der Oberlausitz gehen ebenso an die Bundesrepublik zurück wie die Zwischenkriegsdokumentation einer Görlitzer Chemiefabrik.

Dafür liefert Deutschland alle Standesamtsurkunden aus, Verwaltungs- un Behördenurkunden, technische Fabrikpläne, Wirtschaftslandkarten und Geodäsieplän sowie Notariatsakten aus Ostdeutschland, die gegen Kriegsende in den Westen Deutschland evakuiert worden waren. Die polnische Seite argumentiert, daß das Fehlen der Unterlage die Wirtschaftsverwaltung erschwert. Als Beispiel wird angeführt, daß Polen auch nach 5 Jahren noch nicht wußte, ob der Flughafen Gleiwitz ein Kanalisationssystem zur Drainag besaß, so daß man fürchtete, der Papst müßte bei seiner Landung eventuell im Schlam waten. Erst in der Bundesrepublik fand man die entsprechenden Pläne, so daß Polen nu daran gehen kann, das verkommene Entwässerungsystem wieder instandzusetzen. Damit solch Pannen vermieden werden, will Polen die gesamten Unterlagen aus den deutschen Ostgebiete haben. Und die Bundesregierung hat sich zur Auslieferung verpflichtet und damit auf de Grundsatz verzichtet, wie die "Gazeta Wyborcza" schreibt, "daß der, de massenartig ein Territorium verläßt, auch Anspruch auf sein Kulturgut hat".

Auf die Frage eines polnischen Journalisten an Prof. Kowalski, ob etwa auch dara gedacht sei, über die Rückgabe des deutschen Kulturgutes zu verhandeln, das während de Krieges nach Ostdeutschland ausgelagert war und dann in die Hände der Polen gefallen war antwortete der Professor ausdrücklich: "Nein, die sind nicht Gegenstand de Verhandlungen." Zu diesem deutschen Kulturgut gehören, um nur wenige Beispiele zu nennen, Handschriften von Beethoven und Mozart, Martin Luther, Goethe, Schiller un Herder, Musikhandschriften von Bach, Haydn und Schubert, mehr als 1400 Bänd abendländischer mittelalterlicher und neuer Handschriften und Drucke aus deutsche Archiven und Museen, Nachlässe u. a. von Alexander von Humboldt und Hoffmann vo Fallersleben.

Wie die polnische Zeitung schreibt, "beendet dieses Abkommen die seit 199 währenden Verhandlungen zum Thema Rückgabe geraubter Kulturgüter".

Soll das heißen, daß die Bundesrepublik Deutschland auf die für unse Selbstverständnis unverzichtbaren Kulturgüter, die jetzt in der Krakauer Universitä lagern, verzichtet? Die Bundesregierung möge ihr Schweigen brechen und die deutsch Öffentlichkeit endlich ausreichend informieren
Michaela Weiser
 
     
     
 
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