Folkore als Lehrmeisterin Der Komponist Antonio Robledo

Einen Pendler und Vermittler zwischen Kulturen und Menschen hat man ihn genannt, den Mann, der sein Herz der iberischen Musik verschrieben hat und mit seinen Kompositionen große Erfolge feiert. Antonio Robledo – ein Name, der an südländisches Temperament erinnert; und doch: seine Augen sind hell, sein Haar, inzwischen ergraut, war einmal blond. Kein Wunder, schließlich wurde Antonio Robledo, der seit vier Jahrzehnten in Zürich lebt, vor 75 Jahren als Armin Janssen in Hannover geboren. Zur Schule ging er in Danzig – "ins Städtische Gymnasium am Winterplatz. Es war meine schönste Zeit", sagte er dem . Der Vater Emil Janssen, ein Baptistenprediger

, ging Ende der dreißiger Jahre nach Königsberg, wo er in der Yorkstraße 39 lebte. "Ich selbst war in Skirwieth im Arbeitsdienst, bis die Marine mich rief. Leider bin ich nie wieder in Ostdeutschland gewesen", bedauert Armin Janssen.

Nach dem Krieg studierte Janssen in Göttingen und in Freiburg i. Br., wo er sich zum Konzertpianisten ausbilden ließ. Dort war es auch, daß sich sein weiterer Lebensweg entschied. Von seinem Klavierlehrer empfohlen, sprang er kurzerhand für den erkrankten Pianisten ein, der das Tanzpaar Susana y José begleitete. Da verlor Janssen sein Herz gleich zweimal: Susana, eine Schweizerin, ist seit dieser Zeit seine Ehefrau, und die spanische Klaviermusik, vor allem der Flamenco, hat ihn bis heute nicht mehr losgelassen.

"Seine Flamencokompositionen", heißt es in einer Kritik, "zeugen von tiefem Verständnis des Flamencogesanges. Seine Beherrschung des Rhythmus und der musikalischen Strukturen der Gesänge, die er in seinen symphonischen Werken verarbeitet, lassen eine Musik hörbar werden, in der es weder Grenzen noch Rassen gibt, in der allein die Schönheit, die Aussagekraft und die Perfektion zählen."

Gemeinsam mit seiner Frau, die heute als Choreographin arbeitet, hat Robledo in der Schweiz, in Deutschland, Kanada und Spanien schon unzähligen Freunden des Flamenco diese südspanische Tanzliedform als Lehrer nahegebracht. Mit seinen "glutvollen und stilsicheren Kompositionen" öffnete er der spanischen Folklore "die Tür zur symphonischen und kammermusikalischen Kunstsprache". Berühmte spanische Sänger wie Carmen Linares und Enrique Morente interpretieren seine Musik (auf CD erschien in Spanien "Alegro Soleá x Fantasia" mit Morente); Tanzkompanien wie "Flamencos en route" bringen seine Werke auf die Bühne. Seine neueste Komposition "el canto nómada" wird von "Flamencos en route" am 27. März in der Stadthalle Neumünster aufgeführt (4. April Rastatt, 24. April Wilhelmshaven). Eine CD mit dem Titel "Soledad", Spanische Musik für zwei Klaviere, ist ebenfalls über "Flamencos en route", Postfach, CH 5401 Baden, zu erhalten.

"Nie war für Robledo sein Komponieren ein bloßes Illustrieren einer schon vorgegeben Tanzsituation; die Musik entsteht sowohl im Zusammenhang mit der bekannten Thematik, aber doch durchaus eigenständig, deshalb bewähren sich die Kompositionen auch unabhängig vom Tanz, deshalb hat Robledos Musik – vorläufig nur in Spanien, aber dort mit bejubeltem Erfolg – sich auch auf dem Konzertpodium bewährt" hörte man in der Laudatio zu seinem 75. Geburtstag. "Du wolltest nie Folkore kopieren oder vortäuschen, du wolltest immer gestalteten Kunstausdruck finden, der aber, aufgebaut aus den Elementen der Volkskunst, deren Charakter und Atmosphäre wiedergeben sollte." Es sei keine besondere Begabung gewesen, die ihm beim Komponieren die Hand geführt habe, räumt der Hannoveraner aus Ostdeutschland mit dem spanischen Namen ein, sondern die Liebe zur spanischen Musik: "Es gibt keine strengere Lehrmeisterin als die Folklore. Das ist ein Maßstab, dem ich noch heute allergrößten Respekt entgegenbringe."