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Mit Ségolène Royal an der Spitze sollen demnächst in Frankreich weite Bereiche von Politik und Gesellschaft, die früher Männerdomäne waren, "feminisiert", anders gesagt weiblich werden. Schon Thomas Mann sagte, daß Frankreich sich in der Geschichte der Frauenrechte hervorgetan hat. Geht es nun weiter?
Dem Trend zur allgemeinen Verweiblichung nachgebend, hat der konservativ-liberale Ministerrat vor wenigen Tagen beschlossen, einen Gesetzentwurf zur paritätischen Besetzung der Spitzen der Gemeinderäte und der Regionalräte Frankreichs im Parlament einzubringen. Alle männlichen Bürgermeister und Vorsitzende der Regionalräte müssen eine Frau als Stellvertreterin haben, praktisch eine politische Zwangsehe eingehen.
In Zukunft müssen unter verstärkter Strafandrohung nicht nur die Räte der Gemeinden, sondern auch die Bürgermeisterämter von Gemeinden mit mehr als 3500 Einwohnern und die Parlamente, aber auch die Exekutiven der 22 Regionen, von ebenso vielen Frauen wie Männern besetzt werden. Das Ausmaß der Geldstrafen bei Nichtbeachtung des Gesetzes wird verdoppelt. Die Steigerung der Drohung ist schon massiv, wenn man bedenkt, daß die heutige Regierungspartei UMP, der der Gegner von Ségolène Royal beim Rennen um das Präsidialamt, Nicolas Sarkozy, vorsitzt, nach den Wahlen 2002 vier Millionen Euro Strafgeld bezahlen mußte, weil sie nicht genug weibliche Kandidaten aufgestellt hatte: 108 Frauen in 542 Wahlkreisen.
Dabei waren damals die Vorschriften weniger stringent, als es das neue Gesetz vorsieht. Die sozialistische Regierung von Lionel Jospin (1997-2002), in welcher Ségolène Royal den Posten einer Staatsministerin für Erziehung bekleidete, hatte am 6. Juni 2000 ein erstes Gesetz verabschiedet, wonach alle Räte Frankreichs eine Frauenquote nachweisen und die Parteien ausreichend weibliche Kandidaten aufstellen mußten. Die obligatorische Bestückung der Wahllisten mit 50 Prozent Frauen hat zumindest auf der Ebene der Regionalräte fast das Ziel erreicht: Sie zählen 47,6 Prozent Frauen.
Aber nur eine der Regionen hat eine Frau als Vorsitzende, und zwar die Region Poitou-Charentes mit Ségolène Royal. Darüber sowie über die geringe Zahl der weiblichen Abgeordneten in der Nationalversammlung, dem französischen Parlament, empören sich die Feministinnen. Bei den letzten Wahlen 2002 bekamen Frauen nur 12,3 Prozent der Sitze (nach 10,9 Prozent davor). Den Feministinnen reicht der neue Gesetzentwurf insofern auch nicht, als sie ihn bereits auf Gemeinden mit 2500 Einwohnern anwenden wollten.
Schlimm ist, wenn in einem Staat wie Frankreich, wo ein gewisser Nachholbedarf besteht (die Französinnen erhielten das Wahlrecht erst 1945), die Frauenrechtlerinnen die Frauenquote zum höchsten politischen Ziel erklären, als ob es keine weiteren Probleme im Lande gäbe. Marie-Jo Zimmermann, die Sprecherin des "Observatoriums für die Parität", hat den Staatspräsidenten und den Premierminister sowie alle Ministerien einem regelrechten Telefonterror unterzogen, bis der Gesetzentwurf stand. Jetzt verlangt sie, daß das Gesetz noch vor Ende der Legislaturperiode im kommenden Juni verabschiedet wird. Daß die Feministinnen sich so weit hinauswagen, hat sicherlich mit der Bewerbung von Ségolène Royal um das höchste Amt im Staate zu tun. Sie hat die Büchse der Pandora aufgemacht. Sie ist eine überzeugte Feministin. "Sehr früh wurde ich den erniedrigenden Angriffen gegen das sogenannte schwache Geschlecht ausgesetzt", schrieb sie in ihrem Buch "Die Wahrheit einer Frau". "Ich mußte nicht weit gehen. Das geschah in der Familie."
Als Tochter eines überstrengen, rechtsradikalen Artillerieobersten wurde sie natürlich sehr früh mit überzogener Manneszucht und mit der Verachtung des Haustyranns für seine Frau und seine drei Töchter konfrontiert. Für die Mädchen hatte er nur die Ehe im Sinne und bereitete sie darauf vor. Ihre erste Amtshandlung wird ein Gesetz zum Schutze der geschlagenen Frauen sein. Sie mißtraut den Männern, sie haßt ihre Zoten und Unflätigkeiten.
Marie-Ségolène Royal, die ehemalige Schülerin der katholischen Stiftung Notre-Dame in Epinal (Vogesen), hat als Erziehungsministerin unter Mitterrand eine Kampagne gegen das sichtbare Tragen von Strings durch die Schülerinnen der Sekundarstufe geführt. Sie meint, daß Frauen nicht nur für Männer (und die Kinder?) auf der Welt seien. Das hindert sie in ihrem Wahlkampf aber nicht daran, ihren weiblichen Charme, ja sogar ihre Mütterlichkeit in Einsatz zu bringen. Sie profiliert sich zur Supermama aller Franzosen. Von sozialistischen Frauen wurde ihr inzwischen vorgeworfen, daß sie dabei die Politik "peopleisiert", ja sogar "erotisiert".
Ségolène Royal verspricht immer mehr Hilfe, Schutz, Gerechtigkeit. Alle, Frauen, Kinder, Behinderte, Minderheiten, werden mehr Rechte haben. Rechte auf Arbeit, Wohnung, Mindestlohn, Gesundheit. Die Widerspenstigen beaufsichtigt und bestraft sie. Auf eine ganze Menge Zucht müssen die Franzosen gefaßt sein, falls sie gewählt wird. Sie wird ihnen schon zeigen, was gut und schlecht ist, denn sie gehört einer Partei an, die die Menschen gegen ihren Willen glücklich machen will. Und das ist heute auch der Trend. |
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