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Fritz Naphtali: Ein abgekartetes Spiel?

 
     
 
In der öffentlichen Debatte spielte die SPD-Spendenaffäre um die nebulöse "Fritz-Naphtali-Stiftung" praktisch keine Rolle. In der vergangene Woche zeichnete Das den Skandal chronolgisch bis zum Mauerfall nach. Doc die Geschichte ging auch in den 90er Jahren weiter. Lesen Sie selbst:

1990

16. Mai: Presseerklärung der Staatsanwaltschaft Bonn. Aussage u. a., daß beid Beschuldigte, Grunwald (65) und Hesselbach (75), nach privatärztlichen Gutachte verhandlungs- und vernehmungsunfähig seien. Amtsärztliche Atteste bescheinige Hesselbach und Grunwald etwas später Verhandlungsunfähigkeit auf Dauer.

1991

25. November: Einstellung des Verfahrens, da mit einer Wiederherstellung de Verhandlungsfähigkeit
nicht mehr zu rechnen sei. Wahrscheinlicher ist eine Absprach zwischen CDU und SPD zur gegenseitigen Schonung.

1998

Die Staatsanwaltschaft Mannheim beginnt mit Ermittlungen gegen einen frühere führenden Ministerialbeamten Hessens, der von Managern der Mannheimer ABB A Schmiergelder auf ein Schweizer Konto überwiesen bekommen haben soll. Zwischen 1993 un 1997 sollen rund 30 Millionen Mark von ABB an Schmiergeldern gezahlt worden sein. De hessische Beamte soll dabei als "Türöffner" gedient haben. Insgesamt mußte bislang sechs Manager ihren Hut nehmen.

2000

Februar/März: Mehrere Affären der SPD werden aufgedeckt, insbesondere durch eine Artikel im "Spiegel " 7/2000 und in der "Welt":

– Die kostenfreie Nutzung von Flugzeugen der West-LB durch Politiker der SPD, die NRW-Finanzminister Schleußer zum Rücktritt bewegte.

– Die Finanzierung und Personalausstattung eines Berliner SPD-Büros zum Aufba der SPD in Brandenburg durch die WestLB.

– Ab März: Die verschleierte Gewinnausschüttung der SPD-eigenen DDVG (Deutsch Druck- und Verlagsgesellschaft mbH) allein im Wahljahr 1998 in Höhe von 18,43 Millione DM, von denen nur 2,48 Millionen versteuert wurden.

– Die Funktion der "Starken Frauen" als Spendenwaschanlage für die SP in Schleswig-Holstein.

9./25. März: Neuthematisierung der Fritz-Naphtali-Affäre der SPD durch ein Zusammenfassung in der Würzburger "Tagespost".

März: Die SPD-Parteiführung bekundet in einem Schreiben an Bundestagspräsident W Thierse: "Uns sind keine Fälle von Mißachtung des Parteiengesetzes durch die SP bekannt." ("Berliner Morgenpost")

April: Mündliche Anfrage des Abgeordneten Diegel (CDU) im nordrhein-westfälische Landtag zur Affäre Fritz Naphtali, warum es zur Einstellung der Strafermittlungen kam Justizminister J. Dieckmann gibt auf Nachfrage als "Aktenzeichen diese Ermittlungsverfahrens" an: 22 Js 1/89 der Staatsanwaltschaft Bonn. Das Aktenzeiche des ursprünglichen Verfahrens, das zum Rechtshilfeersuchen an die Schweiz führte, laute jedoch: 42 Js 280/82. Auf die Frage nach Überlassung der Ermittlungsakten antwortet de Justizminister: "Ich bin mir aber unklar, ob es sachgerecht ist, ein Aktenstück zu Verfügung zu stellen. Dafür gibt es im parlamentarischen Verfahren bestimmt Vorkehrungen." Die Frage danach, ob dem Justizminister Ermittlungen auch gegen ander Vorstandsmitglieder der Friedrich-Ebert-Stiftung bekannt seien (es handelt sich wohl u Johannes Rau und Holger Börner), wird damit beantwortet, daß dieser Bericht, de eingeholt worden sei, "keinen Anlaß zu weiterer Kenntnis" gebe. De Justizminister habe auch privat keine Kenntnis von solchen Verfahren.

12. Mai: Der Bonner Oberstaatsanwalt König bestätigt, daß, anders als aus damalige Presseberichten ersichtlich, damals genügend Anhaltspunkte gegen die Friedrich-Ebert-Stiftung vorgelegen hätten. "Wären die Beschuldigte verhandlungsfähig gewesen, hätten wir auch Anklage erhoben." ("Berline Morgenpost", 12. Mai 2000)

Mai: Die SPD-Schatzmeisterin I. Wettig-Danielmeier schreibt: Es bleibt daher dabei daß uns keine Fälle von Mißachtung des Parteiengesetzes durch die SPD bekannt sin (...)" ("Rheinischer Merkur" 19/2000). Dies ist nachweislich falsch (vgl Zitate aus dem Urteil des Schweizerischen Bundesgerichts weiter oben und den Entzug de Gemeinnützigkeit für die Friedrich-Ebert-Stiftung und deren Steuernachzahlung). De Verbleib eines Großteils des Geldes ist bis heute nicht geklärt.

Mai/Juni: Der Untersuchungsausschuß des Deutschen Bundestages zur CDU-Spendenaffär nimmt das Thema Fritz-Naphtali-Stiftung mehrmals auf die Tagesordnung. Die Behandlung wir mehrmals vertagt.

Aus dieser Dokumentation der dubiosen Finanztransaktionen der SPD ergibt sich ein stattliche Summe, die der Aufklärung harrt!

Auflistung:

Naphtali-Affäre:

15,3 bis 28,7 Millionen DM

ABB-Affäre:

30 Millionen DM

Verschleierte

Gewinnausschüttung 1998:

18,4 Millionen DM

Summe:

63,7 bis 77,1 Millionen DM.

Die Tendenz ist eher noch steigend, weil die verschleierten Gewinnausschüttungen nu das Jahr 1998 betreffen. Welche Summe ergibt sich aber, wenn jedes Jahr so abgerechne worden ist wie 1998?

Wir wissen heute, daß die Parteien BND-Mittel nach Spanien und Portuga weiterleiteten. Dann dürfte der Spendenfluß über die Friedrich-Ebert-Stiftung in die Schweiz auf das Konto der Fritz-Naphtali-Stiftung von fast 22 Millionen Mark nicht um 6, Millionen verringert werden – wobei immer noch 15,3 Millionen Mark aufzukläre wären. Man muß sich fragen, warum der Fluß von Spenden von der Staatsanwaltschaft Bon nicht weiterverfolgt worden ist. Genau dies hat die CDU in Hessen getan. Gleiches mu auch von der SPD erwartet werden können.

Es fehlt auch jede Antwort darauf, wieviel Geld sich nach 1983 auf den Nummernkonten in der Schweiz befunden hat, die 1989 beschlagnahmt und an die Bonner Staatsanwaltschaf ausgeliefert wurden.

Wohin sind gegebenenfalls Gelder transferiert worden? An die SPD? Sind darau Wahlkämpfe finanziert worden? Sind Barabhebungen vorgenommen worden und wenn ja von wem Die Ingeba wurde durch die BfG übernommen und die BfG später durch die Crédit Lyonnais Wie hat sich das auf die Nummernkonten ausgewirkt? Sind sie aufgelöst worden?

Gibt es Zusammenhänge zwischen den umstrittenen Buchungspraktiken der SPD hinsichtlic ihrer Pressebeteiligung und ihrem Vorgehen in den 80er Jahren? Es wäre auch möglich daß das Geld von den Schweizer Konten in Beteiligungen des SPD-Medien-Konsortium geflossen ist, das seit kurzem in der Diskussion steht.

Was wußten die seinerzeitigen Vorstandsmitglieder der Friedrich-Ebert-Stiftung darunter die stellvertretenden Vorsitzenden Holger Börner und Johannes Rau, von de Kooperation mit der Fritz-Naphtali-Stiftung? Waren sie über die Geldtransfers informiert?

Nach Einstellung des Verfahrens gegen die Beschuldigten Hesselbach und Grunwal erfreuten sich Augenzeugenberichten zufolge wieder beide bester Gesundheit und ginge weiter ihren Geschäften nach. Leben beide noch (sie dürften heute 85 bzw. 75 Jahre als sein) und sind sie inzwischen wieder verhandlungsfähig? Wie hat die Bonne Staatsanwaltschaft eigentlich festgestellt, daß beide Beschuldigte auf Dauer vernehmungs und verhandlungsunfähig sind?

Warum wurden wirklich die Ermittlungen eingestellt? Hat es Einflußnahme gegeben? Vo wem, etwa von der nordrhein-westfälischen Landesregierung? Justizminister Dieckmann ha dem Abgeordneten Diegel auf dessen mündliche Anfrage kürzlich nur das Aktenzeichen de eingestellten Steuerstrafverfahrens bzw. den Einstellungsvermerk genannt. Was ist mit de eigentlichen Ermittlungsakten, die aus der Schweiz überstellt worden sind? Ist da Parlament bewußt in die Irre geführt worden?

Es ist nicht ausgeschlossen, daß es eine parteiübergreifende Übereinkunft zwische CDU und SPD gab, nach dem Grundgedanken: Wenn die SPD nicht in Sachen "Flick-Affär weiterbohrt", ist die CDU bereit, die "Naphtali-Affäre ruhen zu lassen" Dies würde freilich einiges erklären!

Fragen über Fragen!

Das Ganze schreit geradezu nach einem Untersuchungsausschuß auch in Sache "Spenden-Affären der SPD". Es ist nicht erkennbar – weder nach den Summen um die es geht, noch in der Qualität des Vorgehens – wo der Unterschied zwischen SP und CDU liegen sollte.

Es muß Schluß sein mit hysterischen Bezichtigungen einerseits und beschönigenden abwiegelnden Formulierungen andererseits, die da lauten: Es seien keine Fälle vo Mißachtung des Parteiengesetzes durch die SPD bekannt. Sowohl die CDU als auch die Öffentlichkeit müssen ein gesteigertes Interesse daran haben, die zitierte Ungereimtheiten bei der SPD aufzuklären. Die Wahrheit ist unteilbar und muß in beide Fällen ans Licht.

(Schluß)

 
     
     
 
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