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Die Einbürgerungspraxis der Wiener Landesregierung - Einbürgerungen sind in Österreich Ländersache - trug nicht unwesentlich dazu bei, daß die SPÖ bei den Wiener Landtags- und Gemeinderatswahlen im Frühjahr 2001 die absolute Mehrheit erringen konnte. Der Bürgermeister als Einbürgermeister wählt sich sein Wahlvolk.
Gestützt auf dieses Votum konnte jetzt die SPÖ das allgemeine Ausländerwahlrecht beschließen - vorerst allerdings bloß auf Bezirksebene, so wie dies schon bisher für EU-Bürger galt. Die Zahl der Wahlberechtigten erhöht sich damit um ein Zehntel, und Wien braucht gar nicht erst die EU-Aufnahme der Türkei abzuwarten, denn nach den nächsten Wahlen wird es türkische Bezirksräte und Bezirksvorsteher geben, die dort anknüpfen können, wo man im 17. Jahrhundert vorzeitig aufhören mußte.
Die Grünen, die am liebsten gleich auch allen Asymulanten und Drogerianern volle Bürgerrechte zubilligen würden, sind mit der neuen Regelung nicht zufrieden: Ihnen ist die Wartefrist - mindestens fünf Jahre Aufenthalt - viel zu lange. FPÖ und ÖVP ihrerseits wollen das neue Wahlrecht beim Verfassungsgerichtshof anfechten. Doch angesichts der personellen Zusam- mensetzung des erlauchten Gremiums ist der Erfolg keineswegs garantiert, denn das Spektrum der auf Lebenszeit bestellten Höchst-richter reflektiert drei Jahrzehnte sozialistischer Vorherrschaft.
Weniger Beachtung wird einem anderen Detail des neuen Wahlrechts geschenkt, nämlich der Herabsetzung des Wahlalters auf 16 Jahre. Die Parteien liefern einander in dieser Frage seit Jahren einen wahren Diskont-Wettbewerb - und niemanden scheint der Widerspruch zu stören, daß das Jugendstrafrecht mittlerweile auf bis zu 21 Jahre ausgedehnt wurde. Aber das ist eben eine politisch korrekte Form von Populismus. RG |
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