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Schon wieder fliegt Deutschland in der Holzklasse. Unseren Kanzler hat US-Präsident Bush bloß in so einem Hotelzimmer in New York getroffen, Rußlands Putin durfte gleich mit auf den Landsitz. Grund: schiere Gemeinheit. Denn im Grunde teilt Bush mit beiden ein gemeinsames Schicksal. Mit Putin legt er Hand in Hand den Daumen auf die Perser und ihr Atomprogramm - das ganz wesentlich aus Rußland geliefert worden war. Dafür will er den Kreml für seinen Krieg gegen die Islamisten einspannen, die bekanntlich ihr Geld vom US-Verbündeten Saudi-Arabien beziehen, während die jungen Terroristen beim Alliierten Pakistan herangezüchtet werden. Kurzum: Moskau und Washington haben sich zum gemeinsamen Alte-Freunde-Fressen versammelt, das verbindet.
Mit Kanzler Schröder aber teilt Bush auch nicht weniger, nämlich die Freuden des Kellerdaseins, was Haushaltsdaten und Popularität daheim angeht. In ihren Völkern genießen Bush wie Schröder das Ansehen schillernder Wunderheiler, die alles versprechen, natürlich Vorkasse für ihre Mirakel verlangen und sich dann mittels bombastischer Worte und schmieriger Aus-reden aus der Affäre ziehen wol- len. Das sollte sie doch auch an- einanderschmieden. Fehlanzeige: Schröder im spröden Zimmer, Putin auf der großen Ranch. Diese Demütigung durch seinen Berufsgenossen aus der öligen Texassteppe tut weh und schreit nach Rache.
Wenn Bush nach Deutschland kommt, ist Gelegenheit dazu. Statt den Cowboy nach Berlin oder gar in seinen nobles Reihenendhaus in Hannover zu laden, könnte Schröder ihn lediglich bei guten Bekannten treffen. Glücklicher Zufall: Zwei davon haben sich gerade ganz in der Nähe der Schröders ein wirklich hübsches Domizil zugelegt. Für lumpige 690.000 Euro erwarben IG-Metall-Chef Jürgen Peters und sein Streik-Stratege Hasso Düvel ein denkmalgeschütztes Anwesen mit über 600 Quadratmetern Wohnfläche und Park drumherum. Voreigentümer war die Wohnungsbaugesellschaft des SPD-regierten Han- nover, weshalb kein Zweifel darüber besteht, daß hier niemand bevor-teilt wurde. So was tun Genossen nicht. Sie schmeißen auch keine Mieter raus, wäre da nicht diese 79jährige Omi, die, noch dazu alzheimerkrank, partout nicht weichen will. Mit dem traurigen Schicksal von Mietern in Deutschland haben sich Gewerkschaftsbosse seit jeher eingehend befaßt, weshalb Peters und Düvel jetzt auch genau wissen, was zu tun ist: Die Alte fliegt bis spätestens April raus. Dafür kriegt sie 5.000 Euro auf die Hand. Wenn die schrullige Seniorin darauf nicht eingeht, dann ... aber das wird sie ja sehen.
Staatsgast Bush hätte seine Freude an den beiden Metallern. Mit ihnen kann er sich darüber austauschen, wie man erst einen ganzen Betrieb (wie Bushs ruinierte Firma "Harken Energy") oder eben eine Gewerkschaft an die Wand fährt, um danach trotzdem ganz groß rauszukommen. Das wird gewiß spannend. Weniger erbaulich ist das neidische Getue an der IG-Metall-Basis. "Unglaubwürdig" schimpfen die Unbelehrbaren auf Peters wegen seines Parkschlößchens. Hat uns nicht gerade Jürgen Peters schon vor Jahren erzählt, daß "die Reichen immer reicher und die Armen immer ärmer werden"? Diesen Prozeß will Peters natürlich von der richtigen Seite aus miterleben, wozu er eine angemessene Adresse benötigt. Warum machen es ihm die genervten Metaller nicht einfach nach?
Aber sie wollen es eben nicht verstehen. Noch weniger kapieren die verdutzten Unternehmer diese Welt, wenn sie auf Peters smarte Karriere und seinen gekonnten Umgang mit den Regeln des freien Marktes blicken. Sind Marxisten doch die besseren Kapitalisten? Woran ist die DDR dann kaputtgegangen? Ehrfurchtsvoll nennen selbst DGB-Kollegen das streng marxistische Ehepaar Peters bereits "Erich und Margot". Der Mann hat es geschafft, er hat Durchblick bewiesen.
Der fehlt hierzulande manchen Politikern. Ein Journalist hat alle Bundestagsabgeordneten gefragt, ob sie die Gesundheitsreform (welche Version, lassen wir weg) verstanden hätten. Nur 15 waren bereit, das zumindest öffentlich zu behaupten. Nicht viel. Sei s drum: Letztlich ist das alles vermutlich sowieso zu kompliziert für uns.
Wie neuerdings die "Pendlerpauschale". Etwa ein halbes Dutzend Fassungen werden seit drei Jahren verhandelt. Letzte Version des Finanzministers: Die Pauschale wird pauschal auf 15 Cent gekürzt, basta. Hans Eichel hatte eigentlich erst ab 20 Kilometern Wegstrecke die Fahrtkosten zum Arbeitsplatz abzugsfähig machen wollen. Das Vorhaben landete nach genau drei Tagen im Mülleimer, der Grünen wegen. Die wollten die Benutzer öffentlicher Verkehrsmittels weiter auf der ganzen Fahrt begünstigen. Diesen Vorschlag wiederum ließ der Kanzler nach nur zwei Tagen öffentlich verbrennen. Jetzt ist von einer Arbeitsgruppe die Rede. Deren Ergebnis nehmen wir an dieser Stelle schon mal vorweg: Es wird gar keine "Pauschale" mehr geben, sondern das Gegenteil: eine Maut auf alles, was sich bewegt, Haustiere und Insekten inbegriffen
Ob deren Einführung die Sache überschaubarer macht? Davon ist nicht jeder überzeugt. Verkehrsminister Stolpe ist bereits aufgrund des Wegegeldes nur für Lkw am Ende mit seinen Nerven. Völlig durch den Wind kann er nicht einmal mehr die Jahreszeiten richtig zuordnen. Als er Sommer sagte, meinte er Herbst, und unter seinem Herbst verstand er das, was bislang als Winter oder Frühjahr im Sprachgebrauch war. Mittlerweile hat er es aufgegeben, überhaupt noch irgend etwas zu wissen. Für ihn ist das unproblematisch, Stolpe ist immerhin ehemaliger Geistlicher und ließ nun als solcher verlauten: "Ich glaube an die Maut!" Wer glaubt, braucht schließlich nicht zu wissen, wissen wir Gläubigen.
In der guten alten Zeit fingen wir an solch - zugegeben - ein wenig verfahrenen Stellen an, das Gespräch auf unsere "europäischen Visionen" zu bringen. Das lenkte ab und kam, weiß Kohl, immer gut an. Unsere EU-Partner verläßt jedoch zunehmend die Lust an dem Projekt, zumal die ungeschriebene Präambel der unverabschiedeten EU-Verfassung (Erster Satz: "Deutsch- land zahlt") ernsthaft gefährdet ist. Schon wird spekuliert, der Euro könnte scheitern, ja die ganze Union zerplatzen.
Wie so häufig sind es unsere polnischen Freunde und Nachbarn, die in diesem Falle besonders unter die Räder deutscher Unzuverlässigkeit geraten dürften. Das Geld schon vor den feuchten Augen, könnten sie abermals zu den Betrogenen der Geschichte zählen. Nicht viel weniger schlimm droht es unsere übrigen Miteuropäer zu treffen. Das starke Deutschland hatten sie an die Leine legen wollen, nun hat sich der Jahrtausendfang als sinkendes Narrenschiff entpuppt. Die Wut ist beträchtlich. Und verständlich: Wer geht schon mit notorischen Bankrotteuren, die ihm am Ende nur an sein Geld wollen, in eine gemeinsame Wirtschaftsunion?
Ehrfurchtsvoll nennen sogar DGB-Kollegen Jürgen Peters und Frau "Erich und Margot" |
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